Pfarrerin Sabine Reinhold in der JVA in zwei Ämter eingeführt

Zuständig für Gefängnis- und Notfallseelsorge - Kollegen, Weggefährten und Inhaftierte schätzen authentische und anteilnehmende Haltung

Adventszeit im Knast: Im Mehrzweckraum steht ein stattlicher Adventskranz, schlicht, mit vier dicken roten Kerzen, von denen drei schon brennen. Eine große Krippenlandschaft ist aufgebaut, mit Hirten, Schafen und einem Engel, der Stall von innen erhellt, noch ohne die Heilige Familie. Leuchtende Adventsdekoration, so wie an vielen Orten in diesen Tagen. Doch was Adventszeit im Knast auch ist, das klingt an in der Einführungspredigt von Pfarrerin Sabine Reinhold, bei der es ganz still wird im Publikum: "Das Dunkle, das kennen wir hier auch, in der JVA, gerade in der Adventszeit", sagt sie. "Gerade wenn man weiß, dass man nicht da sein kann, bei der Familie, der Partnerin, bei den Kinder oder bei seinen Eltern. Wenn man weiß, dass man Weihnachten kaputtgemacht hat, nicht nur für die eigene Familie, sondern auch für die Menschen, die Sie geschädigt haben."

"Gottes großer Wurf ist das Licht in der Dunkelheit"

Seit August schon ist Pfarrerin Sabine Reinhold Ansprechpartnerin für die fast 300 Inhaftierten aus "Haus 5" der Justizvollzugsanstalt Aachen, also für Männer in Untersuchungshaft oder mit Kurzstrafen. Was ihr früherer Kollege, Pfarrer Lars Schütt aus der evangelischen Christuskirchengemeinde Düsseldorf, in seinem Grußwort ankündigt, wird in diesem Samstagsvormittagsgottesdienst für alle Zuhörer spürbar: "Die Sabine wird euch nicht mit irgendeinem theologischen Kram vollsülzen", sagte er, "sondern sie wird für euch da sein, mit euch weinen und mit euch lachen."

Und so sprach Sabine Reinhold in ihrer Predigt über den Lobgesang des Zacharias (Lk 1,68-79) sehr konkret und nachvollziehbar: "Gottes großer Wurf, alles Unglück wieder rückgängig zu machen, der passiert nicht durch eine Revolte oder durch Gewalt, sondern durch die Geburt eines kleinen, zerbrechlichen, hilflosen Kindes. Denn Gnade, Erbarmen und Nähe, das ist Gottes großer Wurf, das ist das Licht in der Dunkelheit - auch wenn es vielleicht manchmal nur heißt, dem anderen zuzuhören, oder den Tabak nicht zurückzufordern, den man einem geliehen hat."

Dienst auch für die Notfallseelsorge in der Region Aachen

Der Superintendent des Kirchenkreises Aachen, Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff, ging in seinen Worten zur Einführung nicht nur auf die Tätigkeit Sabine Reinholds in der Gefängnisseelsorge ein, sondern auch auf ihr Amt als evangelische Koordinatorin der Notfallseelsorge. "Frau Reinhold, Sie leben zwischen zwei Welten", sagte der Superintendent, "und lassen sich in beide mit hineinziehen. Man kann sich die Situationen gar nicht ausdenken, in die Sie gerufen werden: Unglücke, Selbstmorde, Todesfälle. Und doch haben Sie zu meiner Überraschung im Bewerbungsgespräch gesagt, diese Stelle sei ein Glücksfall für Sie. Das höre ich bei einem solchen Dienst auch nicht immer."

Stärke, Ausgeglichenheit und Fingerspitzengefühl

Im Anschluss an den Einführungsgottesdienst sprachen noch einige der anwesenden Freunde, Kollegen und Weggefährten ein Grußwort, darunter auch Marion Timm aus dem Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises Aachen, Rita Nagel, die katholische Koordinatorin der Notfallseelsorge in der Region Aachen, der frühere JVA-Seelsorger Wolfgang Döring und Claudia Malzahn, die Rheinische Sprecherin der evangelischen Konferenz für Gefängnisseelsorge in NRW. Die stellvertretende Leiterin der JVA Aachen, Charlotte Adams-Dolfen sagte, sie wünsche Pfarrerin Reinhold "die nötige Stärke, Ausgeglichenheit und viel Fingerspitzengefühl für den Umgang mit Inhaftierten und Mitarbeitenden der JVA". Gerade in Hafthaus 5, für das Reinhold hauptsächlich zuständig ist, sei dies nötig, da dort viele Menschen untergebracht sind, die zum ersten Mal inhaftiert sind und "mit der Haftsituation völlig überfordert".

Pastoralreferent Norbert Schall-Grootjans, der katholische Kollege von Pfarrerin Reinhold in Haus 5, schenkte ihr gemeinsam mit dem Seelsorgeteam ein großes hölzernes Vogelhäuschen für den Garten, das in der JVA Aachen hergestellt worden war. "Seitdem Frau Reinhold im August hier begonnen hat, habe ich sie als fantastische Person kennengelernt", sagte Schall-Grootjans nach der Einführung. "Sie ist menschenoffen, mitgehend und sie selbst, sie spielt keine Rolle." Auch die Reaktion der "Jungs", die Teile des Gottesdienstes mit lautstarkem Applaus, Pfiffen und Zwischenrufen quittierten, hätten das ja gezeigt: "das waren alles Zeichen der Wertschätzung."

(Text und Fotos: C. Braun / Kirchenkreis)