Liebe Leserinnen und Leser,
es ist Hochsaison für Gemeinden und ihre Pfarrer*innen in unserem Kirchenkreis: Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag, Osternacht, Ostersonntag und – noch einmal durchatmen – schlussendlich Ostermontag. Was für ein Fest-Marathon! Es wird mit viel Liebe, manchmal auch Routine, geplant, geschrieben, gewerkelt und gefeiert. Es ist Leben in der Bude.
Und gleichzeitig auch nicht. Denn die österlichen Feiertage sind was für Expert*innen. Es braucht meist eine hohe liturgische Bildung, um unsere kirchlichen Sprach-Codes und die Symbole unseres gottesdienstlichen Geschehens zu entschlüsseln. Was goldende Hasen und bunte Eier mit Ostern zu tun haben sollen, versteht sich nicht unmittelbar.
Für Nicht-Expert*innen wirken unsere Festtage da eher wie historische Stillleben. Ihnen präsentiert es sich als ein felsenfest stehendes Bild, ein bildgewordenes Gedenken des Vergangenen. Es ist vielleicht schön anzusehen, aber die Bedeutung für das eigene Leben und vor allem die dahinterliegende Bewegung bleiben verborgen: von der Begeisterung am Palmsonntag zur Angst beim letzten gemeinsamen Essen, vom Entsetzen über den viel zu frühen Tod zum Erstaunen über das leere Grab, von den Tränen der Verzweiflung zum feierlichen Jubel: "Er ist wahrhaftig auferstanden!".
Jesus habe sich nicht festnageln lassen, hält die Theologin Emilia Handke fest: "...sein Leben ist kein geschlossenes Kapitel, sondern eine bis heute wirksame Kraft, die Grenzen überwinden kann: die Grenzen sozialer Exklusion genauso wie die Grenzen von Tod und Verderben." Der Tod hat nicht – niemals – das letzte Wort!
Uns von Gottes Grenzen sprengender Liebestat mitreißen zu lassen, von ihrer Bedeutung für unser Leben zu erzählen und so andere mitzureißen, das ist die großartige und – ganz bestimmt – herausfordernde Aufgabe von uns Christinnen und Christen– beim Schnack am Gartenzaun genauso wie auf der Kanzel. Lassen wir uns also bewegen von der Osterbotschaft und rufen wir sie in unsere Stadt hinaus. Und vielleicht gelingt es uns Worte und Symbole zu finden, die aus bloßen Betrachter:innen Expert:innen werden lassen.
In der Friedenskirche in der Evangelischen Kirchengemeinde Aachen probieren wir es Karfreitag mit einer Trauerfeier für Jesus, mit Blumen, Sarg und Abschied.
Frohe und gesegnete Feiertage!
Pfarrer Jan Lübking
Gemeindebereich Aachen-Nord