35 Ehrenamtliche im Team: „Alle brennen für das Thema!“

Der Ambulante Hospizdienst Monschauer Land bietet seit 25 Jahren Unterstützung - Jubiläum wird am Sonntag, 19. September, in Roetgen gefeiert

Der letzte Weg ist der schwerste: „Jeder Mensch möchte in Würde in seiner vertrauten Umgebung, begleitet von seinen Angehörigen, sterben. Auch wenn Angehörige diesen Wunsch unterstützen möchten, fühlen sie sich mit dieser Aufgabe oft überfordert“, formulieren die Verantwortlichen des „Ambulanten Hospizdienstes Monschauer Land“. Ein Team professioneller und ehrenamtlicher Helfer bietet bereits seit 25 Jahren dabei wirksame Unterstützung. Dieses Silberjubiläum soll am Sonntag, 19. September, in würdigem Rahmen gefeiert werden.

Pfarrer Volker Böhm, der bis Februar 2021 amtierende frühere Roetgener Geistliche Wolfgang Köhne und die Diplom-Sozialarbeiterin Simone Werker-Schwartz zogen eine Bilanz ihrer wichtigen gesellschaftlichen Arbeit. Werker-Schwartz koordiniert die praktischen Einsätze des Ambulanten Hospizdienstes gemeinsam mit Diplom-Sozialarbeiterin Margarete Steger. Die beiden Frauen sind ständig erreichbar, wenn Menschen ihre Unterstützung in einer wirklich existenziellen Situation brauchen (siehe Infobox).

Zunächst Widerstände im Kreise der Ärzte

Pfarrer Köhne ergriff im Jahre 1996 die Initiative und rief in seiner damaligen Kirchengemeinde Roetgen eine Hospizbewegung ins Leben. Nur relativ kurze Zeit davor war in Aachen das „Haus Hörn“ gestartet, das Sterbenden helfen wollte, ein selbstbestimmtes Leben bis zum Tod zu führen. Mit dieser Bewegung stand die Region an der Spitze in ganz Nordrhein-Westfalen, weiß Köhne.
Der Geistliche erinnert sich noch gut daran, wie kritisch insbesondere viele medizinisch tätige Akteure damals diese Initiative beäugt und auch teils heftig kritisiert hätten. Die Widerstände seien insbesondere aus Kreisen der Ärzte gekommen. Sie wehrten sich teils vehement: Sie wollten „ihre Patienten nicht aufgeben“, lautete deren Kritik, diese Menschen in ihrer letzten Phase ihres Lebens „nicht in Sterbehäuser abgeben“ müssen. Dabei seien die Räume in den Krankenhäusern für die letzten Lebensstunden oft „Abstellkammern“ gewesen, ohne angemessene Begleitung und Betreuung.

Ein fachlich fundiertes Kursangebot musste geschaffen werden

Schnell war der Gedanke verfestigt, „bürgerschaftliches Engagement“ in diese Betreuungsarbeit einzubinden. Margerita Busch aus Roetgen, die bereits in Aachen mitwirkte, setzte erste Akzente, um ein fachlich fundiertes Kursangebot auf die Beine zu stellen. Ursprünglich sollte es eine ökumenisch geprägte Initiative aus evangelischen und katholischen Gläubigen werden. Doch den Katholiken sei der finanzielle Aufwand für das einjährige Schulungsprogramm der Hospizhelfer mit Praktika zu teuer gewesen, erinnert sich Köhne.
Insgesamt 4000 Mark standen damals zur Debatte. Die Folgerung aus der Ablehnung einer Beteiligung an den Kosten: Der Ambulante Hospizdienst wird finanziert und geprägt allein aus der evangelischen Kirche heraus. „Wir sind die Einzigen, bei denen die Kirche organisatorischer Träger ist“, betont Wolfgang Köhne. Mittlerweile hat das verfügbare Finanzvolumen für die Arbeit verglichen mit den eher bescheidenen Anfängen vervielfacht. Es hat mittlerweile bereits 75.000 Euro erreicht. Diese Aufwendungen werden in der Regel von den Krankenkassen refinanziert.

Zuspruch der Ehrenamtlichen ist immer noch groß

Dass sich seine Kirche als Träger der Hospizarbeit engagiere, betonte Pfarrer Volker Böhm im Gespräch, sei naheliegend. Schließlich berührten „die Suche nach dem Sinn des Lebens und was nach dem Tod kommt, ureigene kirchliche Fragen“, so der Geistliche weiter. Fast ausschließlich sind es Frauen, die sich der nicht einfachen Arbeit der Sterbebegleitung widmen. Dabei sei das andere Geschlecht genauso gerne gesehen, allein weil gelegentlich Männer an ihrem Lebensende gezielt nach männlicher Sterbebegleitung fragten.
Grundsätzlich freuen sich die Verantwortlichen, dass der Zuspruch Ehrenamtlicher, die mitwirken möchten, trotz aller insbesondere physischen Belastungen immer noch groß genug sei. Wer indes gerade eine persönliche Trauerphase hinter sich habe, sei nicht unbedingt ideal geeignet für den Hospizdienst. In Einzelgesprächen versuchen die beiden Koordinatorinnen herauszufinden, ob sie stark genug seien, mit der Trauer anderer Menschen umzugehen und am Ende auch loslassen zu können.

Wichtiger Bestandteil des Gesundheits- und Pflegewesens

„Nur mit Rosenkranzbeten allein“, betonte Simone Werker-Schwartz, sei es nicht getan. Es müsse auch das nötige „Standing“ bewiesen werden, die Helfer müssten zudem ihre „blinden Stellen“ kennen, um im Ernstfall bestehen zu können. Doch selbstverständlich gehörten auch Glaubensgespräche, wenn es von den Sterbenden oder ihren Angehörigen gewünscht werde, zum Angebot, genauso wie etwa gemeinsames Singen von (Kirchen-)Liedern, einfaches Zuhören, Vorlesen oder gemeinsam rauszugehen. Regelmäßige Supervisionen, Qualifizierungen und Fortbildungen sollen dazu beitragen, dass alle Mitarbeiterinnen und der bislang einzige Mitarbeiter ihren schwierigen Aufgaben weiter gewachsen bleiben. Ihre Arbeit sei längst zu einem wichtigen Baustein im Gesundheits- und Pflegewesen geworden, bilanzieren die drei Kirchenvertreter.
Mittlerweile gibt es längst entsprechende Palliativ-Lehrstühle an den Hochschulen, auch in Aachen; die Ausbildung junger Kräfte sei zu einem Pflichtprogramm geworden, das zudem die gesetzliche Entwicklung widerspiegele. Erst vor acht Jahren wurde die Hospizarbeit professionalisiert, mit der Einstellung der ersten Sozialarbeiterin Margarete Steger. die bis dahin im Simmerather Krankenhaus gewirkt hatte. Eine Frau „mit Bombenerfahrung“, so lobt sie Wolfgang Kühne. In absehbarer Zeit werde sie in den Ruhestand gehen. Neben Simone Werker-Schwartz soll dann Ersatz gesucht werden.

Beruflicher Hintergrund der ehrenamtlichen Mitarbeitenden ist breit gefächert

„Wir haben das Glück, dass der Laden sehr gut läuft“, formuliert es Pfarrer Köhne etwas salopp. Und dies soll so bleiben, dafür sei die Arbeit zu wichtig und unverzichtbar geworden. Dazu tragen auch die fünf Ehrenamtlerinnen entscheidend bei, die von Beginn an, also seit einem Vierteljahrhundert, ihre Zeit und Energie für andere Menschen in existenzieller Not zur Verfügung stellen. Sie sollen am kommenden Sonntag in dem Festgottesdienst in der evangelischen Kirche Roetgen an der Rosentalstraße ab 10 Uhr ganz besonders im Mittelpunkt stehen: Gisela Liffmann, Brigitte Neumann, Jutta Müller, Marianne Bauer und Inge Kolle.

Die berufliche Palette der insgesamt 35 Ehrenamtler ist breit gestreut, vom Gesundheitswesen über Hausfrauen und Kirchenmitarbeiterinnen bis zum Ingenieur. „Das Betriebsklima ist gut. Wir sind breit aufgestellt“, freut sich Wolfgang Köhne über den tollen Teamgeist und das wertschätzende Klima in der Gruppe. Sie setze sich so unterschiedlich zusammen, als „Spiegelbild der Gesellschaft: Es ist faszinierend“, schwärmt auch Simone Werker-Schwartz, die seit 2018 zum Team zählt: „Alle brennen für das Thema!“ Und sie alle seien „dankbar, dass Menschen uns in einem sehr intimen Moment dabei sein lassen“. Die Altersspanne reicht momentan von 35 bis 81 Jahren; auch Jüngere sind gern gesehen. Die Älteste ist Brigitte Neumann, eine von den „Pionierinnen“ vor 25 Jahren, die immer noch Nachtwachen übernimmt.

Betreuung hauptsächlich in Krankenhäusern und Altenheimen

Wenn ein Leben zu Ende gegangen ist, sollen sich die Helferinnen eine kleine Auszeit von ein bis zwei Wochen gönnen, bei Bedarf auch länger, ehe eine neue Aufgabe angetreten werde. Zu 75 Prozent wird die Betreuung in Krankenhäusern und Altenheimen geleistet. Mit diesen Einrichtungen gibt es entsprechende Kooperationsverträge, auch mit Ärzten. „Die meisten sind froh, dass wir kommen“, sagt Simone Werker-Schwartz. Nur jeder Vierte also wünscht zu Hause eine Begleitung. „Unsere Wunsch wäre es natürlich, wenn möglichst alle Menschen die Chance haben, zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung zu gehen. Wir wollen das Lebensende ein Stück besser machen“, unterstreicht sie.

Schmerzlich erinnert sich Werker-Schwartz an die Phase während der Corona-Pandemie, als sich viele Heime abschotteten und oftmals auch die eigenen Angehörigen nicht zu den Sterbenden ließen, aus Angst vor Ansteckung. „Das war auch für uns eine große Katastrophe, dass letzte Begegnungen nicht mehr möglich waren“, bedauert die Sozialarbeiterin. Dabei zählten die Sterbehelferinnen zur ersten Priorisierungsgruppe beim Impfen.

(Text: Berthold Strauch)


Infobox

Das „Hospiztelefon“ ist rund um die Uhr unter 0162/8466805 zu erreichen. Diese Nummer ist auch in der Tageszeitung  unter der Rubrik  „Rat und Hilfe“ regelmäßig zu finden. Angesprochen fühlen können sich von dem Ambulanten Hospizdienst Monschauer Land Menschen aus der Stadt Monschau, den Gemeinden Simmerath und Roetgen sowie den Ortschaften Hürtgenwald-Vossenack und Nideggen-Schmidt im Kreis Düren.

Wer sich beim Ambulanten Hospizdienst engagieren möchte, ist eingeladen zu dem Kurs „Letzte Hilfe“. Dieses erste Kennenlernen findet statt am Donnerstag, 30. September, von 18 bis 21.15 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus Roetgen, Rosentalstraße. Anmeldungen werden unter der Nummer des Hospiztelefons oder per Mail entgegengenommen, margarete.steger@monschauer-land.de und simone.werker-schwartz@ekir.de .