"Grenzen in kleinen, aber spürbaren Schritten überwinden"

Neues Projekt "Über Grenzen hinweg - Beyond Borders" fördert internationale Beziehungen und Hilfe zur Selbsthilfe - Superintendenten von vier Kirchenkreisen rufen zu Spenden auf

In ihrer ersten gemeinsamen Video-Pressekonferenz haben die vier Kirchenkreise Aachen, Jülich, Gladbach-Neuss und Krefeld-Viersen heute ihr neues Projekt "Über Grenzen hinweg - Beyond Borders" vorgestellt. Die drei Superintendenten und eine Superintendentin der "Kleeblatt-Kirchenkreise", Hans-Peter Bruckhoff (Aachen), Jens Sannig (Jülich), Dietrich Denker (Gladbach-Neuss) und Dr. Barbara Schwahn (Krefeld-Viersen) präsentierten dabei Idee und Ziel der neuen Aktion und gingen ausführlich auf die Spendenzwecke ein, die damit unterstützt werden sollen.

Den Anstoß zu "Beyond Borders" gab das neuartige Corona-Virus, das weltweite Auswirkungen hat und sich seit Anfang des Jahres auf allen Kontinenten verbreitet. Viele Länder haben im Frühjahr ihre Grenzen geschlossen – selbst die Staaten der EU. „Ich habe mich dabei sehr unwohl gefühlt und gedacht: Alle schotten sich ab und denken nur noch an sich selbst“, sagte Martina Wasserloos-Strunk, Leiterin der evangelischen Philippus-Akademie in Mönchengladbach, die das Pressegespräch moderierte. Sie habe sich gefragt, wie es den Partner-Kirchengemeinden in dieser Situation gehe, und entwickelte die Aktion "Über Grenzen hinweg - Beyond Borders". Es soll über Spenden „Hilfe geleistet werden, wenn es nötig ist“, außerdem sollen Informationen, Gebete und Videos ausgetauscht werden. In den vier beteiligten Kirchenkreisen leben insgesamt rund 360.000 evangelische Christen. In diesen Tagen werden in allen Kirchen, Gemeindezentren und Einrichtungen gedruckte Flyer zu dem Projekt verteilt.

Das Mikrokredit-Projekt bewirkt viel im Alltag der Menschen vor Ort

Die beiden vom Kirchenkreis Aachen besonders unterstützten Projekte stellte Superintendent Hans-Peter Bruckhoff vor: ein Projekt, das Mikrokredite im Kirchenkreis "Kaskazini A" in Tansania vergibt, und die Gesundheitsstation Bugamba in Tansania. Die Mikrokredite werden an Kleinbauern und -bäuerinnen vergeben, damit diese ihre Unternehmen auf- und ausbauen können. Bisher förderte der Partnerschaftsausschuss das Projekt mit 5000 Euro aus Spenden und Kollekten. "2019 konnte sich eine Besuchsgruppe aus Aachen davon überzeugen, dass das Projekt hervorragend organisiert ist", berichtete Bruckhoff. Bisher hätten fast 70 Kreditnehmer von dem Projekt profitiert und damit beispielsweise ihre Ziegenzucht vergrößert oder eine weitere Kuh angeschafft, um Milch verkaufen zu können.

"Dieses Projekt mit den Mikrokrediten wirkt in den Alltag der Menschen hinein, ist Gottesdienst im Alltag der Welt und die Menschen erkennen, dass diese Gemeinschaft trägt", sagte der Aachener Superintendent. Bemerkenswert sei die klare Erwartungshaltung und Verbindlichkeit, mit der die Christen in Tansania die Hilfe aus dem Kirchenkreis Aachen und ihr Projekt verstehen. "Das ist wirklich Hilfe zur Selbsthilfe. Es ist ein mutiges und stolzes, ein fröhliches und ein junges Gesicht der Kirche in Tansania, das wir dort erleben", so Hans-Peter Bruckhoff. "Das ermutigt uns und lässt uns, unsere Lage in Deutschland noch einmal mit anderen Augen sehen."

Lebensmittel- und Hygienepakete für Bedürftige

Superintendent Dietrich Denker (Kirchenkreis Gladbach-Neuss) berichtete davon, dass mit den Spenden in Namibia Lebensmittel- und Hygienepakete zu Menschen in Not gebracht werden und Suppenküchen Mahlzeiten an Kinder, Alte und Bedürftige verteilen. Auf der indonesischen Insel Nias, vor Sumatra, gibt es neben dem durch Corona bedingten wirtschaftlichen Einbruch große Armut durch die afrikanische Schweinepest. "In der niassischen Kultur sind die Schweine eine Art Währung", sagte Denker. "Die Aufzucht von einem oder zwei Schweinen und deren Verkauf sichern mikroökonomisch das Familieneinkommen. Wenn hier ein Schwein wegen der Schweinepest getötet werden muss, bedeutet das eine unmittelbare existentielle Bedrohung für die Familien." Auch hier helfen die Spenden aus Deutschland bei der Anschaffung von Lebensmitteln.

Vom Kirchenkreis Jülich unterstütztes Projekt erhält zum zweiten Mal den Aachener Friedenspreis

Über die Partnerschaft mit der Evangelischen Kirche in Marokko, berichteten der Jülicher Superintendent Jens Sannig und - live aus Agadir zugeschaltet - Emmanuel Niyokwizigira. Der Ev. Kirchenkreis Jülich unterstützt seit 13 Jahren das Engagement der Kirche in Marokko für Flüchtlinge, die dort aus der Subsahara ankommen und nicht in die Europäische Union gelangen können. Auf Initiative des Kirchenkreises Jülich hin erhielt bereits 2015 Azarias Lumbela, der dort tätig ist, den Aachener Friedenspreis. In diesem Monat wurde verkündet, dass 2020 Père Antoine Exelmans den Friedenspreis erhält. Er leitet in Oujda an der Grenze zu Algerien das einzige Aufnahmezentrum für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Region. "Die Europäische Union nimmt den Tod von Flüchtlingen an ihren Außengrenzen billigend in Kauf", sagte Jens Sannig. "Sie muss sich selbstanklagend schuldig bekennen des Mordes. Denn sie handelt aus Habgier und vorsätzlich, wenn sie Menschen ihrem Schicksal überlässt, was sie selbst zu verantworten hat. Wir können nur zu tiefst beschämt dankbar sein für den Dienst der evangelischen und katholischen Kirche an den Menschen. Sie sind die einzigen, die ihnen ihre Würde und ihr Menschsein zurückgeben und uns ermahnen, in den Geflüchteten unsere Geschwister zu sehen."

Viele Flüchtlinge in Marokko sind krank und haben nichts zu essen

Emmanuel Niyokwizigira, der sich unter anderem in der Diakonie der Ev. Kirche von Marokko engagiert, schilderte die unmenschliche Situation von Geflüchteten in Marokko. "Die Pandemie hat das tägliche Leben der Migranten stark beeinflusst", sagte er. "Flüchtlinge, die durch Betteln von der Barmherzigkeit der Almosengeber  leben müssen oder die mit Schwarzarbeit in der Landwirtschaft Geld verdienten, können ihre Unterkunft nicht mehr verlassen und haben folglich nichts zu essen." Viele Migranten seien außerdem krank. Die Kirche helfe den Flüchtlingen mit Nahrungsmittelpaketen, Notzahlungen für Mütter und ihre Kinder, medizinische Hilfe und Beihilfen zur Miete für einen Schlafplatz. In erster Linie kümmert die Kirche sich um die Verwundbarsten: Schwangere Frauen, Neugeborene und Familien mit vielen Kindern. Seit der Ausgangssperre seien 800 Lebensmittelpakete verteilt worden, zudem Milch, Kleidung und Hygienepakete für Babys sowie Verpflegung für die Mütter. Außerdem organisiert die Kirche Berufsausbildungen und Mikroprojekte, um Migranten die Chance zu geben, einen Beruf auszuüben und aus eigener Kraft zu leben.

So können Sie helfen:

Alle Informationen zu dem Projekt "Über Grenzen hinweg - Beyond Borders", den nun in allen Kirchenkreisen verteilten Flyer, Details zu den Spendenzwecken und Nachrichten sowie Videos aus dem "Kleeblatt" und von den internationalen Partnern sind zu finden unter:

www.beyond-borders.international