„Oft fügt sich etwas, ohne dass man es selber weiß“
„Der wird bestimmt mal Pfarrer“, rief Superintendentin Verena Jantzen eine Einschätzung aus der Heimatgemeinde von Max Heller wach. „Katholischer Pfarrer wäre das gewesen“, fügte sie mit einem Schmunzeln hinzu. Denn aus dem katholischen unterfränkischen Messdiener wurde auf einem mit vielen Gabelungen versehenen Weg ein evangelischer Pfarrer der Kirchengemeinde Stolberg in Aachen-Brand. Architekturstudium, Schauspielausbildung, Theologiestudium: „Du warst immer auf dem Weg, suchend und fragend, den Blick offen und weit. Keine Sorge, das geht nie zu Ende“, gab die Superintendentin dem neuen Pfarrer der Kirchengemeinde am Sonntag mit auf seinen Weg. „Doch dann hat Claudia Immendorf dich gefunden und nicht mehr losgelassen“, beschrieb Verena Jantzen die Weggabelung, an der sich zwei Suchende trafen: Der angehende Pfarrer vor dem Beginn des Probedienstes und die Presbyterin, die sich für ihre Gemeinde auf die Suche gemacht hat, für den in den Ruhestand gehenden Uwe Loeper einen geeigneten Nachfolger zu finden.
Claudia Immendorf überzeugte Max Heller von Stolberg
Es lief offensichtlich gut mit der Suche von Max Heller und der Kirchengemeinde. Dies zeigte eindrucksvoll die Resonanz am Sonntag während des Einführungsgottesdienst. Gefühlt jeder irgendwo noch auffindbare Stuhl wurde mobilisiert, um ausreichend Sitzplätze zu schaffen. „Häh, der ist doch gar nicht neu“, scherzte auch Pfarrer Axel Neudorf zur Begrüßung. Oder um es mit den Worten von Max Heller zu sagen: „Oft fügt sich etwas, ohne dass man es selber weiß.“
Ob Fügung oder Zufall: Das Gespräch von Claudia Immendorf und Max Heller war der Startpunkt des gemeinsamen Weges. Anstatt erst den Probedienst zu absolvieren und sich dann auf eine Stelle zu bewerben – inklusive Probekatechese und Vorstellungsgottesdienst, startete der 41-Jährige nach dem Vikariat den Probedienst direkt als Vertreter von Uwe Loeper. Die landeskirchlichen Regelungen sehen diese Möglichkeit vor, einen Probedienstler nach dem Vikariat als Vertretung auf eine Vakanz zu setzen – und auch der Kirchenkreis ging den Weg mit.
Dankbar für ein echtes Geschenk
„Die Gemeinde hat mich nicht in einer einmaligen Prüfungssituation erlebt, sondern hatte ein Jahr lang Zeit, sich eine Meinung zu bilden“, sagt Max Heller. Dazu gehörte der komplette Alltag eines Seelsorgenden, aber auch das Kennenlernen als Mensch. „Alle konnten prüfen, ob der Typ zu ihnen passt“, scherzt Max Heller. „Aber auch ich konnte schauen, ob ich mit der Struktur klarkomme. Es ist ein echtes Geschenk, dass es für beide Seiten gepasst hat“, bedankt er sich für die offene Aufnahme und schnelle Integration in die Gemeinde. Dabei sei ihm schon vor dem Beginn des Jahres bewusst gewesen, dass er genau diese Pfarrstelle möchte. „Ich habe im Vikariat den Kirchenkreis Aachen, die Strukturen in Aachen und in der Städteregion und die Kirchengemeinde Stolberg kennengelernt und fühlte mich wohl“, sagte er. Zudem arbeitet sein Mann als Lehrer in der Region, ein „Abbrechen der Zelte“ nach dem Vikariat war für den 41-Jährigen, der bis dato immer auf dem Weg war, kein Thema. Heller: „Hier gibt es so viele Kolleginnen und Kollegen, mit denen viel möglich ist.“
Während des vergangenen Jahres hat der Pfarrer auf Probe zwei Abendgottesdienst-Formate eingeführt: Ein Taizé-Gebet, das es bisher nicht gab, in Brand und abwechselnd in Stolberg die sogenannten „Lichtminuten“, ein ruhiges, meditatives Format mit einer Liturgie, die von der ökumenischen Gemeinschaft in Schottland inspiriert ist. Es gibt dabei beispielsweise keine klassische Predigt, sondern einen Impuls, der in der Stille nachklingen kann.
„Offenbar wurde ein Bedarf getroffen“, freut sich Max Heller, dass beide Formate auf reges Interesse gestoßen sind. Ein Mitbringsel aus seiner katholischen Vergangenheit ist bei den „Lichtminuten“ eine Schale mit Weihrauch, bei der die Besuchenden ihre Sorgen in Luft auflösen können. „Die Vogelsangkirche war knallvoll, überrascht hat mich, dass auch viele Katholiken da waren. Ich habe es als Geschenk erlebt, dass wir gemeinsam dort sitzen und Brot brechen konnten“, berichtet Max Heller.
Pfarrteam mit Axel Neudorf und Jens Wegmann
Das Gemeindezentrum Martin-Luther-Kirche hat er stets als offenes und lebendiges Haus erlebt, in dem auch Chöre, Karnevalsverein und Meditiationsgruppen eine Heimat gefunden haben. „So will ich es auch in Zukunft fortführen“, sagt Max Heller, der sich auf die weitere Zusammenarbeit mit Pfarrer Jens Wegmann und Pfarrer Axel Neudorf freut. Gemeinsam werde heute schon viel angeboten und erreicht, gerade bei Jugendfreizeiten und Angeboten für Senioren lasse sich die Zusammenarbeit noch verstärken. „Ich fühle mich hier so wohl und bin dankbar, dass das Miteinander in der Evangelischen Gemeinde so gut funktioniert, dass mich die Leute mittragen“, freut sich Max Heller auf die weitere gemeinsame Wegstrecke. „Die direkte Beziehung zu den Menschen ist ein Riesengeschenk und trägt mich durch die Arbeit“, sagt er.









