Pfarrer Guntram Schindel in den Ruhestand verabschiedet

30 Jahre Berufsschulpfarrer am Berufskolleg für Technik „Mies-van-der-Rohe-Schule“, Aachen - Theologische Inhalte in die säkuläre Alltagssprache der Jugendlichen übersetzt

Berufsschulpfarrer Guntram Schindel wurde im Februar nach 30 Jahren Dienst am Berufskolleg für Technik „Mies-van-der-Rohe-Schule“ in Aachen in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Bei der Feier in kleinem Rahmen würdigte die Schulreferentin des Kirchenkreises Aachen, Folke Keden-Obrikat, besonders seine authentische Persönlichkeit: “Deine Sprache, deine Erfahrungen und dein Austausch mit anderen Menschen, mit deiner Frau, mit Kolleg*inen im Studium, in Schule und Kirchenkreis, Erfahrungen, die mit deinem handwerklichen Geschick zusammenhängen - besonders wenn es um Autos geht: Du scheust Dich nicht, Dir die Hände schmutzig zu machen!”.

Zu den beruflichen Highlights gehörten besondere Aktionen und Projekte (z.B. Adventsfrühschicht, mehrere klassen- und abteilungsübergreifende Großveranstaltungen „Stolperstein im Advent“), aber auch 30 Jahre Organisation von Segeltörns für Jahrgangstufen und Klassenfahrten mit jährlich 100 bis 180 Teilnehmenden und ebenso lange Rolle als SV-Lehrer („Verbindungslehrer“). Damit verknüpft war das Wirken als Beratungslehrer für Lebensfragen (Schulseelsorge), speziell ausgebildet für den Bereich Sucht, Drogen und Präventionsarbeit. Viele Jahre war Schindel auch Fachkonferenzvorsitzender für ev./kath. Religion und Philosophie sowie Mitglied der Teillehrerkonferenz. Und nicht zuletzt war Schindels zugewandte Art auch geschätzt für Trauungen, Taufen und Beerdigungen im schulischen Kolleg*innenkreis.

Als Vater von vier heranwachsenden Kindern schaffte er den Spagat, neben familiären Aktiväten und den schulischen Verpflichtungen sich auch noch über viele Jahrzehnte kirchlich zu engagieren, u.a. 30 Jahre Mitglied der Kreissynode, 20 Jahre Mitglied im kreissynodalen Jugendausschuss und Ausschuss für Erziehung und Bildung sowie 18 Jahre Abgeodneter der Landessynode.

Gedanken und Erkenntnisse

Einige Gedanken und Erkenntnisse aus der Rückschau auf seinen stets geliebten Beruf hat Guntram Schindel aufgeschrieben: 

"Herzstück meiner Tätigkeit war der intensive Umgang mit versch. Generationen von Schüler*innen. Das war die pure Vielfalt des Lebens. Mich selbst hat diese Vielfalt sehr bereichert, und ich habe viel von meinen Schüler*innen gelernt. Durch sie hatte ich stets die Nase vorn, was neue Trends und Informationen anging. Und ich war ‘gezwungen’, mich ständig auf Neues einzustellen, mich zu hinterfagen und selbst zu verändern. Für diese Lebenserfahrungen bin ich zutiefst dankbar.

Im Umgang mit den Jugendlichen war mir immer besonders wichtig, Vielfalt zu erkennen, zuzulassen und gemeinsam zu leben. Ich wollte Vorurteile und Klischees abbauen, besonders was den christlichen Glauben und die Kirche betrifft, positive Inputs aus dem Glauben heraus für das persönliche Leben und die Gesellschaft setzen. Die Jugendlichen sollten Respekt gegenüber Andersdenkenden entwickeln und zugleich die eigene Verantwortung entdecken, reflektieren und übernehmen. Und dies mit der Vorgabe sämtliche theologischen Inhalte und Sätze des Glaubens in der säkularen Alltagssprache meiner Schüler*innen auch ohne religiöses Vorwissen zu formulieren und verständlich zu machen.

Wichtige Tätigkeit mit verlässlichen Kontakten zu jungen Menschen

Ich hätte nie gedacht, dass mein erster Beruf als Maschinenschlosser, den ich bei Thyssen in Duisburg-Ruhrort gelernt und eine Zeit lang ausgeübt habe, mir als evangelischer Theologe und Pädagoge im Schuldienst einmal so viele Türen öffnen und so hilfreich sein würde. Die Wege des Herrn sind unergründlich...

Was ich auch nie gedacht hätte: Wie wichtig diese Tätigkeit als Berufsschulpfarrer für Schüler*innen und unsere Kirche ist. Dass mindestens drei meiner technikorientierten Schüler*innen schließlich Theologie studiert haben statt wie geplant ein Ingenieursstudium anzuvisieren und ich gelegentlich gefragt wurde, wie man denn in die Ev. Kirche eintreten kann, ist natürlich ein Sahnehäubchen. Wenn ich mir aber den gesamten Wirkungsbereich vor Augen führe (30 Jahre Unterricht mit jährlich 300 bis 400 Schüler*innen), macht mir das deutlich, wie groß das Feld war, auf den ich als Pfarrer meinen (hoffentlich fruchtbaren) Weizen ausstreuen konnte. In welchem kirchlichen Bereich erreichen wir zuverlässig organisiert tagtäglich so viele Menschen in einer der entscheidensten Phasen ihres Lebens?

Hilfreich bei all dem war stets über Kreis- und Landessynode mein Wissen über das, was in unserer Kirche vor sich ging. Das hat massiv zu Abbau von Klischees und Vorurteilen gegenüber kirchlichen Institutionen (zumindest innerhalb der rheinischen Landeskirche) geführt und Aufmerksamkeitskanäle für das Wesentliche geöffnet.

Durch viele spätere Zufallsbegegnungen mit ehemaligen Schüler*innen war ich immer wieder perplex, woran diese sich erinnert haben im Reliunterricht und was sie davon für sich mitgenommen haben. Das hätte ich nicht für möglich gehalten..."

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