Evangelische und Katholische Kirchengemeinden planen in Stolberg einzigartige ökumenische Zusammenarbeit

Evangelische Kirchengemeinde verkauft ihr Gemeindehaus Frankental zur Hälfte an die Katholische Kirchengemeinde St. Lucia Stolberg –
Danach gemeinsame Sanierung und gleichberechtigte Nutzung –
Neubau eines gemeinsamen Verwaltungsgebäudes an der Frankentalstraße zusätzlich geplant – Intensives ökumenisches Miteinander macht ungewöhnliches Projekt möglich

Die Evangelische Kirchengemeinde Stolberg und die Katholische Kirchengemeinde St. Lucia Stolberg haben beschlossen, in Zukunft das Evangelische Gemeindezentrum an der Frankental-straße 18 gemeinsam zu führen und zu nutzen. Die katholische Kirchengemeinde wird einen halben Anteil des großen Gemeindehauses kaufen, und beide Gemeinden werden anschließend gemeinsam die Kosten für eine energetische Sanierung des Gebäudes tragen. Die Gemeinden werden dann gleichberechtigt Veranstaltungen wie Jugendtreffs und Treffen der Frauenhilfe, Kommunion- und Konfirmationsunterricht, Bibelkreise oder Termine von Selbsthilfegruppen dort abhalten, Feste feiern und die Räume für Vermietungen zur Verfügung stellen. Kauf- und Nutzungsvertrag sollen nach dem Wunsch der Verantwortlichen möglichst noch bis Ostern unterzeichnet werden. Im Idealfall sollen die Sanierungsarbeiten noch vor den Sommerferien beginnen.

Neubau könnte schon in diesem Sommer beginnen

Zu diesem Zeitpunkt, so wünschen sich die Beteiligten in beiden Gemeinden, könnte auch der ebenfalls geplante Neubau eines gemeinsamen Verwaltungsgebäudes schon beginnen. Das Gebäude soll vor dem Gemeindehaus an der Frankentalstraße entstehen. Jede Gemeinde wird eine Hälfte des Gebäudes beziehen, mit jeweils einer Fläche von etwa 100 Quadratmetern. Im Erdgeschoss wird es jeweils einen Servicebereich für evangelische und katholische Gemeindeglieder geben, im Obergeschoss liegen jeweils Büroräume für die Mitarbeiter der Gemeinden. Treppenhaus und sanitäre Anlagen werden gemeinsam genutzt. Die Katholische Kirchengemeinde St. Lucia Stolberg benötigt das neue Verwaltungsgebäude, um nach der Zusammenlegung der sieben Ortsgemeinden ein zentrales Pfarrbüro mitten in Stolberg einzurichten. Auf evangelischer Seite wird der Neubau das Gemeindeamt an der Finkenberggasse 11 ersetzen. Diese Immobilie soll jedoch im Besitz der evangelischen Kirchengemeinde bleiben und anderweitig genutzt werden.

Gedanken für ökumenische Zusammenarbeit schon seit 2009

In der Evangelischen Gemeinde Stolberg hatte es schon seit 2006 Überlegungen dazu gegeben, am Gebäudebestand etwas zu verändern, um Kosten einzusparen. Im Jahr 2009 gab es nach dem ökumenischen Gottesdienst am Pfingstmontag ein erstes Gespräch zwischen zwei Verantwortlichen der beiden Gemeinden darüber, das bestehende Gemeindehaus gemeinsam zu nutzen. Dem folgten lange Beratungen in kleiner Runde sowie intensive Diskussionen im Presbyterium und im Kirchenvorstand und letztlich die Entscheidung. „Wir haben unsere Termine und Anforderungen an das Gemeindehaus abgeglichen und sind zu dem Schluss gekommen, dass unsere Angebote sich gut ergänzen und sich nicht in die Quere kommen“, sagt der evangelische Pfarrer Andreas Hinze. Das Haus sei groß genug, um allen Gruppen beider Gemeinden Platz zu bieten. Ein kleines, paritätisch besetztes Gremium werde im laufenden Betrieb regelmäßig über anstehende Veranstaltungen und Nutzungsanfragen entscheiden und die Buchung der Räume steuern.

Projekt ist „Frucht des jahrelangen guten Miteinanders“ der Gemeinden

Bei dem entstehenden ökumenischen Gemeindezentrum – für das ein neuer Name noch gesucht wird – handelt es sich um das erste ökumenische Vorhaben dieser Art im Bistum bzw. im Kirchenkreis Aachen. Auch in der evangelischen Landeskirche ist kein weiteres ähnliches Projekt bekannt. „Dieses Projekt ist die Frucht des jahrelangen guten Miteinanders und der erfolgreichen Zusammenarbeit“, sagte Hinze. In Stolberg findet in diesem Jahr die 14. Ökumenische Karnevalssitzung statt, und es gibt unter anderem gemeinsame Kreuzwege gegen Rechtsextremismus, ökumenische Gottesdienste zum Tag der Deutschen Einheit und gemeinsame Schulgottesdienste. „Zwischen unseren beiden Gemeinden ist über lange Zeit eine Verbindung gewachsen, die dieses ökumenische Zentrum jetzt möglich macht“, so Hinze.
Schon vor 20 Jahren, sagte der katholische Pfarrer Hans-Rolf Funken, habe die Evangelische Kirchengemeinde ihr Gemeindehaus für seinen Empfang als neuer Pfarrer der damals noch selbstständigen Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt zur Verfügung gestellt. Die Anliegen der Kirchengemeinde – so der damalige Bürgermeister Wolfgang Hennig – sollten auf kurzen Wegen geregelt werden. Hier deuteten sich schon damals erste positive Ansätze einer gelingenden Zusammenarbeit an.

Neues Zentrum ist zentral gelegen und hervorragend erreichbar

Das neue ökumenische Zentrum liegt in unmittelbarer Nähe zum Städtischen Kulturzentrum wie auch zur Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt. Pfarrer Funken: „Dass Christen beider Konfessionen hier gemeinsam präsent sind, tut dem Stadtteil der Mühle gut.“ Die Vorteile sind auch für Paul Kirch, den stellvertretenden Kirchenvorstandsvorsitzenden der Katholischen Gemeinde St. Lucia, offensichtlich. „Für alle Gemeindeglieder und die Öffentlichkeit sind die Gebäude zentral gelegen und hervorragend mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, auch vom Euregio-Bahnhof aus“, erläuterte Kirch. Kirch sagte, mit dem neuen Gemeindezentrum könnten beide Seiten in ihrem Immobilien-Management Synergie-Effekte nutzen, mehr Service für ihre Gemeindeglieder bieten und gleichzeitig dazu beitragen, mit den vielfältigen Angeboten Farbe zu bekennen in einer säkularen Welt.

Pläne für Sanierung und Neubau liegen bereits vor

Parallel läuft zurzeit das Genehmigungsverfahren zu Kauf bzw. Verkauf des Gemeindehauses in Bistum Aachen und der Evangelischen Kirche im Rheinland. Gutachten und Architektenpläne für Sanierung und Neubau liegen vor. Vom gemeinsamen Betrieb des Gemeindehauses erhoffen die Gemeinden sich nicht nur geringere Kosten für Heizung, Reinigung und Substanzerhaltung, sondern auch höhere Einnahmen aus Vermietungen, da das Haus nach der Sanierung zu einer Versammlungsstätte umgewandelt werden soll und dadurch für eine größere Bandbreite kultureller Veranstaltungen genutzt werden kann.

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