80 Jahre Frauenhilfe - eine tolle Sache

Ausgerechnet ein Mann gab den Impuls für die Gründung des Vereins – 1933 rief der damalige Superintendent Pfarrer Paul Friedrich Staudte auf einer Kreissynode die bestehenden Frauengruppen auf, sich zu einem Kreisverband zusammenzuschließen. Dem Aufruf folgte ein Jahr später Emmi Welter. „80 Jahre Frauenhilfe – das ist schon eine tolle Sache“, begrüßte Roswitha Rienäcker, neben Hannegret Stoff die derzeitige Vorsitzende der Frauenhilfe des Kirchenkreises Aachen, die rund 150 anwesenden Mitglieder in der Martin-Luther-Kirche in Brand, die zur Feier des runden Jubiläums aus dem gesamten Kirchenkreis zusammengekommen waren.

Frauenhilfe als aufbauendes Netzwerk

Einer der ersten Gratulanten war Superintendent Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff. Er sei immer gerne bei der Frauenhilfe gewesen, erinnert er sich vor allem an seine Zeit als junger Gemeindepfarrer: „Die Frauenhilfe ist ein Netzwerk, das mich immer aufgebaut hat.“ In seiner anschließenden Andacht, die die Feier eröffnete, lud er die anwesenden Frauen ein, in die Zukunft zu blicken auf das, was die Frauenhilfe die kommenden 80 Jahre erwarten könnte. „So richtiges Leben ist nur ein Leben in Hingabe“, das sei ein Satz, sagte Bruckhoff, der ihn in seinem Leben begleite. Auch auf die Frauenhilfe träfe dies zu: „Sie sind ganz bei der Sache, lassen sich nicht beirren und fallen auch aus der Rolle.“ Er erinnerte an die letzte Fußball-WM, bei der Frauen darauf aufmerksam gemacht hatten, dass sich Frauen vor den Fußballstadien prostituierten. Gegen diese Form von Menschenhandel sammelte die Frauenhilfe Unterschriften. Und es waren auch Frauen, die in den Gemeinden die ersten Kontakte zur Gemeinde der Bilal-Moschee knüpften. Für die Zukunft wünschte er den Frauen offen und voller Vertrauen in die Zukunft zu blicken. „Gott wählt seinen Weg“, sagte er und zitierte die Verse 9 bis 15 aus dem 16. Kapitel der Apostelgeschichte. An dieser Stelle fragt sich Paulus, wie es weitergehen soll mit der Mission. Da eröffnet ihm das Zusammentreffen mit der Purpurhändlerin Lydia unerwartet neue Perspektiven.

Zahlreiche Ehrengäste

Unter den Gästen befanden sich auch Roswitha Damen vom Gleichstellungsbüro der Stadt Aachen, die Pfarrer Redmer Studemund von der Immanuelkirche in Burtscheid, Uwe Loeper von der Martin-Luther-Kirche in Brand, sowie Jens Wegmann von der Kirchengemeinde Stolberg und Wolfgang Köhne aus der Gemeinde Monschauer Land. Adelheid Wawrzinek, Vorsitzende der evangelischen Frauenhilfe im Rheinland, griff in ihrem Grußwort das Schwerpunktthema des Tages auf: „Wert(e) schätzen“. Dies trage die Aktiven in der Frauenhilfe, Werte seien ein großer Schatz durch die Mitglieder. Fast drei Generationen haben inzwischen das Gedankengut der Gründungsmütter gepflegt und weitergetragen. Auch Angelika Quadflieg, Vorsitzende des Stadtverbands Aachen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD), überbrachte Grußworte. Ein wenig neidisch blicke man bei der KFD auf die evangelischen Schwestern, „uns wünsche ich in 80 Jahren, dass wir das Diakonat der Frau erreichen.“ Sie hoffe außerdem auf weitere Schritte in der Ökumene und freue sich auf das Jahr 2017, an dem die KFD auch gestaltend teilnehmen möchte. Beim anschließenden Kaffee und Kuchen gab es für die Gäste Gelegenheit, sich auszutauschen über die Arbeit in der Frauenhilfe, vergangene Erfahrung und die Bedeutung eines Ehrenamtes für das eigene Leben.

Auch gesellschaftspolitisch aktiv

„Natürlich bedeutet ein Ehrenamt auch Arbeit, aber es ist auch eine große Bereicherung“, erzählt eine Besucherin. Roswitha Rienäcker ist besonders die Rumänien-Aktion in Erinnerung geblieben. Für Kinderheime sammelten Frauen Kleidung und Spielzeug, sammelten Spenden, um Nahrungsmittel und Medikamente zu finanzieren. „Diese Patenschaft hat fast zehn Jahre gedauert“, erzählt sie. 580 Frauen in 27 Gruppen sind in der Frauenhilfe des Kirchenkreises organisiert. Vor allem zu gesellschaftspolitischen Themen haben sie in der Vergangenheit immer wieder Stellung genommen, wie mit Unterschriftenaktionen zu mehr Rentengerechtigkeit für Mütter, für Wasser als Grundrecht oder für eine gute Absicherung der Hebammen. Wermutstropfen ist der leichte Mitgliederrückgang. „Jüngere Frauen sind berufstätig und können oft nicht an Arbeitskreisen oder Treffen teilnehmen“, sagt Roswitha Rienäcker, „daher überlegen wir uns neue Konzepte und möchten mehr projektbezogene Arbeit anbieten.“ Trotzdem blickt sie optimistisch in die Zukunft „Wandel hat es immer gegeben. Es wird immer Frauen geben, die sich engagieren möchten.“ Im zweiten Teil des Nachmittags kamen ganz besondere Gäste zu Wort. Passend zum Schwerpunktthema verkörperten Roswitha Rienäcker, Gunhild Großmann mit Tochter Deborah, Hanne Gersch, Hannegret Stoff, Claudia Immendorf und Ulrike Schalenbach die Werte, die prägend sind für die Arbeit der Frauenhilfe: Hilfsbereitschaft, Glaube und Vertrauen, Solidarität, Mitgefühl, Gerechtigkeit und Hoffnung.

Selbstgestricktes Söckchen als Erinnerung

Den Tag begleitete eine besondere Aktion. Vor zwei Jahren fertigten Frauen im Rahmen ihrer Jahresaktion über 100 Herzkissen für brustoperierte Frauen an. In diesem Jahr waren Frauen aufgerufen, Moses-Bettchen, Schlafdeckchen oder Einschlagtücher für tot geborene Kinder zu nähen, um Eltern einen würdevollen Abschied zu ermöglichen. Und auch diesmal kamen viele dieser Moses-Bettchen zusammen, die auf dem Altar ausgebreitet wurden. Die Bettchen werden an die umliegenden Kliniken verteilt. Die Tagesspende, bei der insgesamt 497,80 Euro zusammenkamen, geht an ein Projekt der Jugendarbeit des Kirchenkreises, bei dem unbegleitete jugendliche Flüchtlinge eine Woche im Jugendgästehaus in Monschau verbringen, um wieder ein Stückchen Normalität und Heimat erfahren zu können.

Zum Abschied lud Roswitha Rienäcker die Gäste ein, einmal für sich selbst zu überlegen, was wichtig ist in ihrem Leben. Neben einem geistlichen Impuls gab es für alle ein Andenken auf den Nachhauseweg: ein kleines, selbstgestricktes Söckchen, das als Schlüsselanhänger verwendet werden kann. Im Söckchen enthalten ist ein Edelstein, ein Symbol für das Thema des Tages.