Rock-Band und eigene Gedichte bringen Jugendliche in die Kirche

200 Besucher bei dritter Rock-Andacht in Kornelimünster - Jetzt noch für "Angedacht" abstimmen

Aus dem evangelischen Gemeindezentrum Kornelimünster dringen Bässe und Gitarrenklänge. Der Altar hat einer Bühne Platz gemacht. In der Kirche probt das Vorbereitungsteam die letzten Lieder und Texte für die dritte Rockandacht in der Gemeinde Kornelimünster-Zweifall. Seit einem Jahr lädt das Team unter dem Titel "Angedacht" Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 27 Jahren ein, einmal über den Tellerrand zu schauen und, angeregt durch Rocksongs und Poetry-Slam, über die Dinge des Alltags nachzudenken.

"Gottesdienst nicht nach üblichem Muster"

"Es kamen immer wieder Anregungen, doch einmal wieder einen Jugendgottesdienst zu machen", erzählt der 26-jährige Jens Reimerders aus dem Vorbereitungsteam. "Wir wollten diese Gottesdienste jedoch nicht nach dem üblichen Muster gestalten. Wir haben uns vielmehr gefragt, warum wir nicht in die üblichen Gottesdienste gehen. Das Ergebnis war die Rockandacht kombiniert mit den Poetry Slams, die ja kleine Predigten für sich sind." Insgesamt 21 Jugendliche und junge Erwachsene aus drei verschiedenen Jugendgruppen der Gemeinde Kornelimünster-Zweifall wirken bei der Vorbereitung der Rockandacht mit. Begleitet werden sie dabei vom Jugendleiter der Gemeinde, Joachim Richter, der in der Begleitband "Veto" auch als Sänger mitwirkt. Einige fahren die Technik, andere besorgen das Catering oder helfen beim Aufbau. Die 17-jährige Nadine Scherberich trägt einen Text vor, den ein Freund von ihr zum Thema Rassismus verfasst hat.

Gemeinsam Zeit verbringen und dem Alltag entfliehen

"Es ist schön, wenn alle zusammenarbeiten, Zeit miteinander verbringen und es kommt immer etwas Interessantes bei den Texten rum", findet die 16-jährige Skrållan Dietrich, die in der Begleitband Gitarre spielt und singt. Und die 20-jährige Lili Köppel ergänzt: "Man kann man über etwas anderes nachdenken als über den Alltag." Bei der Rockandacht trägt sie ein selbstgeschriebenes Gedicht über den Sinn des Lebens vor. Bereits zur ersten Rockandacht im vergangenen Jahr waren 80 Besucher gekommen, bei der zweiten waren es 120. "Von den Jugendlichen wird das sehr positiv aufgenommen", sagt Lili Köppel. Auch aus den Nachbargemeinden und von der katholischen Gemeinde kommen Besucher.

Erfolgreiche Jugendarbeit

Auch wenn die Rockandacht ein junges Publikum ansprechen möchte, sind auch ältere Andachtsbesucher immer willkommen. Während in anderen Gemeinden das Projekt Jugendkirche noch in den Kinderschuhen steckt, klappt es in der Gemeinde Kornelimünster-Zweifall sehr gut. "Das liegt vor allem daran, dass bei uns die Jugendarbeit erfolgreich ist", sagt Joachim Richter. Auf Skepsis ist das Team mit der Rockandacht in der Gemeinde nicht gestoßen. "Wir haben es einfach gemacht", sagt Joachim Richter. Mit dem Konzept nimmt die Gruppe außerdem an einem Wettbewerb der Zeitschrift "Chrismon" in der Kategorie "Chrismongemeinde - worauf wir stolz sind" teil. "Im Moment sind wir auf Platz sechs, wir müssen da noch etwas die Werbetrommel rühren", meint Richter.

Rund 200 Besucher machen Rockandacht zum Erfolg

Auch die dritte Auflage der Rockandacht kann das Team als vollen Erfolg werten - rund 200 Besucher füllten das Gemeindezentrum an der Schleckheimer Straße. Unter den Besuchern war auch eine Gruppe vom Zentrum für soziale Arbeit aus Burtscheid. Die Kollekte des Abends unterstützt das Zentrum bei seiner Arbeit mit unbegleiteten Flüchtlingen. Die Band, zu der außer Joachim Richter, Skrållan Dietrich und Jens Reimerders noch Eike Hendriks (Bass) und Christoph Blaszczyk (Schlagzeug) gehören, rockt das Gemeindezentrum mit Songs von Selig, den Foo Fighters, den Toten Hosen und Cindy Lauper. Vorsichtshalber hatte das Team Oropax für die lärmempfindlichen bereitgestellt, doch das Publikum ließ sich von den Rhythmen gern anstecken. Die vorgetragenen Texte wurden jedes Mal mit lautem Applaus bedacht.

Nachdenkliche Töne

In den meist selbstgeschriebenen Texten schlugen die jungen Vortragenden zum Teil sehr nachdenkliche Töne an. Kritisch reflektierten die Poetry-Slammer vor allem die Welt, in der wir leben. "Denken wir noch ernsthaft über das Leben nach?", fragte Sven in seinem Gedicht, in dem er das dauerhafte Online-und Abgelenkt-sein durch die Mediengesellschaft thematisierte. "Jedes Mal kommen mehr Leute", freut sich Skrållan Dietrich über die große Resonanz. Auch Pfarrer Rolf Schopen hat der Abend sehr beeindruckt: "Ich bin begeistert von den tiefen Gedanken, die die jungen Menschen in ihren Gedichten zum Ausdruck gebracht und hier in der Kirche vorgetragen haben. Das ist ein starkes Signal, das Hoffnung macht." Ein anderes Signal setzte ein junger Andachtsbesucher: "Findet das öfter statt?", fragt er Joachim Richter beim Herausgehen. Eine vierte Rockandacht wird es sicher geben, auch, wenn ein Termin noch nicht feststeht.

 

(Text und Fotos: Kathrin Albrecht)

 

  • Zur Abstimmung im Wettbewerb "Chrismongemeinde 2015" geht es hier