Hilfe füreinander verbindet Generationen in der Nordeifel

Vor drei Monaten wurde sie gegründet - Jetzt stellt sich die „Geno-Eifel“ der Region in der Nordeifel vor

Der Hubertushof in Sistig ist kein Ort, der durch modernste innenarchitektonische Details besticht. Doch die Gaststätte, deren Gastraum den Charme der Siebziger Jahre verbreitet, ist das soziale Herz des kleinen Eifelortes. Hier sitzen die echten Eifeler zusammen – genau der richtige Platz für die vor wenigen Wochen gegründete Generationsgenossenschaft „Geno-Eifel“, um sich vor Ort den Bewohnern der Region vorzustellen. Alle vier Wochen treffen sich hier auf Einladung der Quartiersmanagerin Friederike Büttner die Sistiger, um etwaige Informationsdefizite über Dorfinterna auszumerzen und darüber hinaus neue Projekte zu planen, die eines der größten Probleme der Eifel lösen sollen: Die Abwanderung der Menschen, das Ersterben des Lebens in den Orten, auch bekannt als „Demographischer Wandel“. Eine der Initiativen, die das Leben in der Region attraktiv halten sollen, ist die „Geno-Eifel“. Rund 50 Zuhörer wollten sich die Vorstellung des Konzeptes nicht entgehen lassen, darunter auch Gäste aus Ostbelgien. Denn auch im Nachbarland, in den Ardennen, sind die Folgen der Bevölkerungsentwicklung zu spüren.

"Oft fehlen die kleinen Dinge - eine Glühbirne, die ausgewechselt, ein Rasen, der gemäht werden muss"

Die treibenden Kräfte hinter der Generationengenossenschaft sind die genossenschaftlich organisierte VR-Bank Nordeifel und die Evangelische Stiftung EvA, die in Gemünd ein großes Altenheim betreibt und auch einen Mobilen Hilfsdienst für die Betreuung von Senioren in ihren heimischen vier Wänden vorsieht. Die in Schleiden ansässige VR-Bank ist stets bereit, lokale Initiativen zu unterstützen, die die Lebenssituation der Eifeler verbessern. Vorstandssprecher der „Geno-Eifel“ ist Malte Duisberg, Geschäftsführer des EvA-Altenheims. „Wir haben uns gefragt, was es den Menschen möglich macht, im Lebensalter in den eigenen Wänden wohnenzubleiben“, berichtet er von den Anfängen des Projektes. Der pflegerische Bereich sei durch den Mobilen Hilfsdienst abgedeckt. „Doch oft fehlen die kleinen Dinge – eine Glühbirne, die ausgewechselt, ein Rasen, der gemäht werden muss“, hat er in seinem Berufsalltag gelernt. Deshalb müsse die Hilfstätigkeit auch auf den sozialen Bereich ausgedehnt werden und dort ein Unterstützungsangebot geschaffen werden. „Das empfinde ich auch als Auftrag der Stiftung, wir sehen uns als Teil eines Ganzen und haben einen sozialen Auftrag in der Region“, betont er. Die Nordeifel müsse als attraktiver Standort erhalten bleiben. Deshalb werde das Engagement als „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ nun weiter ergänzt. „Das entspricht auch unserem christlichen Menschenbild“, macht Duisberg deutlich. Die Augen offen zu halten und zu sehen, wo Hilfe gebraucht werde, sei christlich gedacht. „Was Ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt Ihr mir getan“, erinnert er an ein berühmtes Bibelwort. Und auch die genossenschaftliche Organisation der „Geno-Eifel“ entspreche dem christlichen Grundgedanken der gegenseitigen Nächstenliebe und Solidarität, lächelt er.

„Was früher die Familie geleistet hat, soll nun die Genossenschaft leisten“

Das Know-How des Genossenschaftsgedanken brachte Wolfgang Merten mit ein, Vorstandsmitglied der VR-Bank und nun Aufsichtsratsvorsitzender der „Geno-Eifel“. Über fünf Jahre wurde das Konzept ausgearbeitet. Der Grundgedanke ist einfach. Wer bei der „Geno-Eifel“ mitmachen will, erwirbt einen Genossenschaftsanteil. Dazu ist ein Jahresbeitrag fällig. Wer Hilfe braucht, meldet sich bei der Organisation, die einen Helfer vermittelt. Diese Tätigkeiten können ganz unterschiedlich sein: Hilfe beim Einkaufen, bei hausmeisterlichen Tätigkeiten, aber auch einfach mal ein Gesellschaftsspiel spielen. „Was früher die Familie geleistet hat, soll nun die Genossenschaft leisten“, so Corinne Rasky, Leiterin der „Geno-Eifel“. Dafür bezahlt die Person, die Hilfe bekommt, einen Stundensatz von 9 Euro. Ausgezahlt werden davon an den Helfer 6 Euro, der Rest wird für die Finanzierung der Genossenschaft verwendet. Doch es ist für die Helfer auch möglich, das Geld in der Genossenschaft zu lassen und stattdessen Stunden auf einem Zeitkonto zu sammeln, die später eingelöst werden können.

Ein Leuchtturmprojekt für den Kirchenkreis

Fünf Jahre Anlaufphase gibt sich die Genossenschaft, dann soll sie sich selbst tragen. Derzeit wird sie als Leader-Projekt noch gefördert und erhält Unterstützung von mehreren Stiftungen und Sponsoren. „Wir wollen, dass Menschen sich helfen“, umreißt Duisberg das Gesamtprojekt. Dies sei auch für den Kirchenkreis ein Leuchtturmprojekt, denn in NRW gebe es kaum vergleichbares. Bis Süddeutschland mussten die Initiatoren fahren, um ähnliche Projekte kennenzulernen. „Wir haben uns aber schnell von einer reinen Seniorengenossenschaft verabschiedet, weil uns auch Jüngere darauf aufmerksam gemacht haben, dass sie auch Hilfe brauchen könnten“, erläutert er. So solle die Genossenschaft zwar im ersten Schritt vor allem Hilfe für Senioren bieten, doch dann solle das Angebot ausgeweitet werden. Dann könnten auch ältere Menschen zum Beispiel Kinder vom Kindergarten abholen oder Essen kochen. „Das ist auch Verhinderung von Alterseinsamkeit“, betont Duisberg. 54 Mitglieder habe die Generationsgenossenschaft im Augenblick, sagt Corinne Rasky vor der Versammlung. Doch schon während das Abends wurde das Interesse der Sistiger deutlich, Mitglied zu werden. „Im Augenblick stellen wir das Projekt in der Region vor“, erläutert Karl Vermöhlen, der mit Duisberg gemeinsam den Vorstand bildet. In mehreren Projekten engagiert er sich und wird dabei nicht müde, vor den Folgen des demographischen Wandels zu warnen. Als Sistiger hat er an diesem Abend ein Heimspiel. Doch schon in wenigen Tagen wird er an einem anderen Ort im Kreis Euskirchen die „Geno-Eifel“ vorstellen, um weiter für das Konzept der Generationsgenossenschaft  zu werben.

(Text und Bilder: Stephan Everling)