Reformation war keine "Ein-Mann-Show"

Wanderausstellung über Reformatorinnen zeigt Bedeutung von Frauen für kirchliche Erneuerung - Figuren und Infotafeln bis Mittwoch, 26. Juli, in Monschau zu sehen

Dichterinnen und Theologinnen, Herrscherinnen und Ehefrauen von Reformatoren begegnen den Monschauern und ihren Besuchern derzeit im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe. Die Wanderausstellung „Reformatorinnen. Seit 1517“ zieht anlässlich des Reformationsjubiläums in der Evangelischen Stadtkirche Monschau und der Innenstadt alle Blicke auf sich. Der Reformator Martin Luther rückt im Jahr des Reformationsjubiläums vielfach in den Vordergrund. Dabei war die Reformation gar keine „Ein-Mann-Show“. Und sie ist auch keine Vergangenheit. Das macht die Wanderausstellung „Reformatorinnen. Seit 1517.“ deutlich. „Zum weltweiten Erfolg der Reformation haben nämlich viele Menschen beigetragen, unter ihnen auch viele Frauen“, betont Pfarrer Jens-Peter Bentzin von der Evangelischen Kirchengemeinde Monschauer Land. Die Gender- und Gleichstellungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland hat eine Ausstellung konzipiert, die die Rolle und Bedeutung von Frauen in und für die Reformation sichtbar macht. Theologinnen, Dichterinnen, Ehefrauen von Reformatoren und Herrscherinnen haben die Kirchen der Reformation von 1517 bis 2017 mitgestaltet und machen die Reformation als einen bis in die Gegenwart andauernden wirklichkeitsprägenden Prozess erkennbar.

Reformatorinnen waren weit mehr als "Ehefrau von ..."

Die Schau ist auf Initiative der Stadt Monschau vom 17. bis 26. Juli in der Stadtkirche und im öffentlichen Raum der Stadt zu sehen und zu erleben. Bürgermeisterin Magareta Ritter hatte die Ausstellung nach Monschau geholt. „Es ist eine ganz besondere Schau, mit der sich unsere Stadt auch ihrer eigenen Geschichte bewusst wird. Der protestantische Glauben hat die Geschichte und die Architektur geprägt und die Schau verbindet die Stadt mit der Kirchengemeinde“, betonte Hermann Mertens in Vertretung von Bürgermeisterin Ritter.  „Die Ausstellung, stellt Menschen in den Mittelpunkt, indem sie anhand von Biographien sichtbar macht, wie viel Mut, Kreativität und Innovationspotenzial nötig waren, um die Kirche zu reformieren“, freut sich die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Monschau, Andrea Compes.

Jede Frau gab ihrer Zeit eine weibliche Stimme

Da waren Frauen, die als Schriftstellerinnen theologisch gearbeitet haben, wie Argula von Grumbach. Sie verfasste Flugschriften in hohen Auflagen, die mit denen von Luther durchaus mithalten können. Und es gab Herrscherinnen, die beherzt das umsetzten, was sie für wahr und richtig hielten, wie Elisabeth von Calenberg-Göttingen. Die Herzogin hat eine Landeskirchenordnung und die erste protestantische Staatsethik verfasst. Und drittens unterstützten und beförderten Ehefrauen von Reformatoren, wie Luthers Frau Katharina von Bora, das reformatorische Wirken. Später kamen andere Rollen hinzu, die Frauen wahrnehmen konnten und in denen sie die Kirche weiterhin reformierten. Deshalb gehören auch Friederike Fliedner, die Mitbegründerin der Kaiserswerther Schwesternschaft, die erste ordinierte Theologin der rheinischen Kirche, Pfarrerin Ilse Härter, und die Theologin Dorothee Sölle in die Ausstellung. „Jede Frau für sich gab ihrer Zeit eine weibliche Stimme“, bringt es Andrea Compes auf den Punkt.

Durch die Jahrhunderte wandelten sich die Frauenrollen

Etlichen Reformatorinnen können die Besucher auch nahekommen: Es gibt sie als lebensgroße Holzfiguren. Wechselnde Frauenfiguren beleben während der Ausstellungszeit das Stadtbild und werden auf verschiedenen Bänken montiert zu sehen sein. Abends werden die Figuren zum Schutz vor der Witterung hereingeholt. Roll-Ups führen in die Biographien von dreizehn bedeutenden Frauen ein. Dazu kommen neun lebensgroße Holzfiguren, die eine Begegnung mit historischen Persönlichkeiten sozusagen auf Augenhöhe ermöglichen. Die zweidimensionalen Holzfiguren zeigen unter anderem Katharina von Bora, Argula von Grumbach, Elisabeth von Calenberg-Göttingen, Friederike Fliedner und Dorothee Sölle. Hinzu kommt eine Ausstellung für den Innenbereich, die mehrere Roll-Ups umfasst. Hier werden weitere bedeutende Frauen vorgestellt und einige Querschnittthemen wie der Zugang zu Bildung, der Wandel von Frauenrollen und Lebensformen und das Thema Frauenordination in kurzer und prägnanter Weise aufgearbeitet. Die Kirche muss sich immer wieder erneuern. Von Anfang an tragen Frauen zu diesem Erneuerungsprozess Wesentliches bei, wie in der Ausstellung exemplarisch sichtbar wird. Durch die Jahrhunderte wandeln sich ihre Rollen. Waren Sie zunächst oftmals als „Ehefrau von…“ an reformatorischen Prozessen beteiligt, nahmen sie später aktivere Rollen wahr, zum Beispiel als Vorsteherin der Kaiserswerther Schwesternschaft wie Friederike Fliedner, als Theologin wie Dorothee Sölle, als Gestalterinnen einer weltweiten Ökumene. „An der Pforte begrüßt Pfarrerin Ilse Härter die Besucher. Sie war eine Pionierin im Pfarramt und die erste Pfarrerin im Rheinland“, erklärt Pfarrer Jens-Peter Bentzin.

Gottesdienst beendet multimediale Ausstellung am Mittwoch, 26. Juli, um 18:30 Uhr

Die multimediale Ausstellung wurde finanziell gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und ist äußerst gefragt. Sie ist in diesem Jahr noch an rund vierzig Orten zu sehen: als nächstes bei der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg, sowie in vielen Kirchenkreisen im Rheinland. Die Ausstellung „Reformatorinnen. Seit 1517" in der Stadtkirche Monschau an der Laufenstraße 4-6, ist bis 26. Juli täglich von 11 bis 17 Uhr zu sehen.

Zum Ende der Ausstellung widmet sich der Gottesdienst am Mittwochabend um 18.30 Uhr nicht nur dem Gedenktag der biblischen Figur von Maria Magdalena, sondern auch den Frauen der Reformation.

Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Hörbuch erschienen, das zu den Öffnungszeiten in der Kirche erhältlich ist. Bestellungen sind auch unter jens-peter.bentzin@ekir.de oder gender@ekir.de möglich. Die Schutzgebühr beträgt 10,- € (ab zehn Exemplaren je 5,- €, ab 50 Exemplaren je 3,- €).

Kirchengemeinden können die Wanderausstellung für Termine im Jahr 2018 buchen bei der Gender- und Gleichstellungsstelle der rheinischen Kirche: www.ekir.de/gender.

Ergänzend zu Wanderausstellung und Holzfiguren stehen Audios bereit, zu erreichen über QR-Codes auf den Figuren und Roll-Ups sowie auf der Internetseite www.reformatorinnen.de.

(Text und Fotos: Nina Krüsmann)