"Jeder Mensch ist ein Gottesgeschenk und für uns eine Bereicherung"

16 Flüchtlinge bewohnen nun Pfarrhaus in Herzogenrath-Kohlscheid - "Sie haben uns mehr gegeben als nur ein Haus"

Bakri aus Eritrea ist am Montag Vater eines kleinen Jungen geworden. Mit seiner Frau und dem Neugeborenen wird er nun zwei Zimmer im ehemaligen Pfarrhaus der Evangelischen Kirchengemeinde Herzogenrath in Kohlscheid bewohnen. Ebenso wie Pari aus Afghanistan, die im Sommer mit ihrem 16-jährigen Sohn nach Deutschland gekommen ist. In ihrer Heimat war sie Chemielehrerin. Die Nachbarn von Bakri und Pari im Pfarrhaus sind Ali und Marwa mit ihren beiden kleinen Töchtern. In Bagdad war er HNO-Arzt im Krankenhaus, seine Frau ist Onkologin. Insgesamt 16 Flüchtlinge leben nun im evangelischen Pfarrhaus, sie alle befinden sich in einem laufenden Asylverfahren.

Eine Küche, zwei Badezimmer und drei Toiletten

"Wir haben unsere beiden Pfarrhäuser der Stadt Herzogenrath zur Unterbringung von Flüchtlingen angeboten, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen", sagt Pfarrer Frank Ungerathen. "Jeder Mensch ist ein Gottesgeschenk und für uns als Mensch ein Gewinn. Das ist die Haltung, die wir damit vermitteln wollen." Seit dieser Woche ist das erste Pfarrhaus voll belegt, im zweiten müssen noch Umbauarbeiten abgeschlossen werden. Alle Bewohner haben bisher in städtischen Unterkünften in Herzogenrath gewohnt. Im Pfarrhaus haben sie pro Person elf bis zwölf Quadrameter Platz, so wie in den Häusern der Stadt auch. Im Pfarrhaus müssen sich alle eine Küche, zwei Badezimmer und drei Toiletten teilen. Doch es gibt dort ein gutes Wohnumfeld, eine gute Infrastruktur und die Nähe zur Kirchengemeinde erleichtert persönliche Kontakte. "Sie haben uns mehr gegeben als nur ein Haus", sagt Familienvater Ali auf Englisch, "Sie haben uns auch Ihr Engagement gegeben und Gemeinschaft. Das ist für uns ganz wichtig."

Liste nennt noch benötigte Gegenstände

Die Belegung des Hauses betreute maßgeblich auch Judith Kuntz von der Flüchtlingsberatung Herzogenrath, die von der Kirchengemeinde getragen wird. "Im November gab es in Herzogenrath rund 220 Asylbewerber, inzwischen sind es etwa 240 bis 250", weiß sie. "Dazu kommen noch 100 Personen, deren Asylverfahren abgeschlossen ist, die aber noch betreut werden." Alle benötigten Möbel für das Haus hat das Sozialamt der Stadt gestellt, jedoch werden auch jetzt noch bestimmte Gegenstände gebraucht. Nach der Ankündigung im Gemeindebrief, dass ins Pfarrhaus Flüchtlinge einziehen werden, habe es eine große Anfragewelle von Gemeindegliedern gegeben, welche Gegenstände oder Kleidung gebraucht würden. Weil gar nicht alle Sachspenden bei der Gemeinde gelagert werden könnten, wird nun eine Liste erstellt, die alle benötigten Dinge aufzählt. "Fernsehgeräte brauchen wir noch, das kann ich schon mal sicher sagen", meint Judith Kunz. Wer daran interessiert ist, andere Dinge zu spenden, kann die Liste anfordern unter: <link>Fluechtlingshilfe.Herzogenrath@gmx.de .

Weitere Privatwohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingen gesucht

Neben der Flüchtlingsberatung und der Evangelischen Kirchengemeinde werden die Flüchtlinge vom Herzogenrather Arbeitskreis "Hand in Hand" betreut. Die Kinder besuchen schon Schulen und Kindergarten, die Erwachsenen Deutschkurse. Wie lange sie in dem Haus bleiben, ist bei jedem von der Dauer des Asylverfahrens abhängig. Die Vermietung des Hauses in Kohlscheid ist zunächst auf zwei Jahre angelegt, mit Verlängerung. "Außer Sachspenden suchen wir dringend noch Menschen, die weitere Privatwohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen anbieten", sagt Judith Kuntz. "Wer eine Wohnung zur Verfügung stellen möchte, kann sich bei der Flüchtlingsberatung oder beim Sozialamt melden."

Die Zusammenarbeit mit der Stadt Herzogenrath in Flüchtlingsfragen sei ausgezeichnet, betont auch Pfarrer Ungerathen. "Als Kirchengemeinde haben wir dankbar wahrgenommen, dass die Stadt Flüchtlinge dezentral unterbringt und alles tut, um auf die individuellen Schicksale und Bedürfnisse einzugehen." In diesem Sinne nehme auch die Kirchengemeinde ihre Verantwortung wahr, sagt er und zitiert Dietrich Bonhoeffer: "Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist."

 

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