„Die Freude an der Arbeit ist mir Lohn genug“

Die Merksteiner Kirchmeisterin Uta Hahn engagiert sich seit 30 Jahren in außergewöhnlichem Maß ehrenamtlich für soziale Aufgaben – Dabei hilft sie vielen Menschen in besonders schwierigen Lebenslagen

Zwischen Regalen voller Kindersachen, alle säuberlich mit Größenangaben beschriftet, sitzen Uta Hahn, Heidi Lemke, Brigitte Möschler und Elvira Penishi nach getaner Arbeit bei einer Tasse Kaffee. Am Morgen haben sie ihre Kunden mit der benötigten Kleidung ausgestattet, danach säckeweise Neuspenden sortiert und gefaltet. Hund Paul läuft zwischen den Kleiderständern umher. Auch nach Ende der Öffnungszeit kommt eine junge Frau und schaut, ob sich für sie ein Oberteil findet. Es geht familiär zu in der Kleiderstube der Evangelischen Kirchengemeinde Merkstein.

Kleidungsstücke ab 10 Cent

„Die Menschen haben Vertrauen zu uns“, sagt Uta Hahn. „Wir nehmen jeden so an, wie er ist.“ Wer in der Kleiderstube nach gut erhaltenen T-Shirts und Jacken, Hosen und Mänteln sucht, zahlt dort je nach Stück zwischen zehn Cent und einem Euro. Nur besondere Artikel wie Markenschuhe oder Neuware kosten in Ausnahmefällen zwei bis drei Euro. Seit sechs Jahren gibt es dieses Angebot in der ehemaligen Diakoniestation zwischen Kirche und Gemeindehaus jetzt. Viele der Kunden beziehen Hartz IV oder haben Ein-Euro-Jobs. Spielsüchtige und Alkoholkranke sind ebenso darunter wie alleinerziehende Mütter ohne Arbeit, Asylbewerber und Straffällige. „Nun und?“, fragt Uta Hahn. „Es sind alles Menschen. Wir behandeln hier alle ganz normal – egal, wer es ist.“

Gesehen, wie ungerecht das Leben zugeht

Während ihrer Tätigkeit in einer Stadtverwaltung war Uta Hahn als junge Frau zuständig für Personen, die in Heimen untergebracht wurden, und kam dabei auch zum ersten Mal in Kontakt mit Drogenabhängigen. „Damals habe ich zum ersten Mal gesehen, wie ungerecht das Leben zugeht“, erinnert sie sich heute. Als sie später mit ihrem Mann nach Merkstein zog und Mutter wurde, begann sie Anfang der 1980er Jahre, sich ehrenamtlich im Kindergarten zu engagieren. „Ich bin da so hineingewachsen“, meint sie lachend. Inzwischen sind ihre drei Kinder erwachsen, ihre zwei Enkel im Teenageralter, und die Liste ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten in der Gemeinde ist so lang wie bei kaum jemand anderem. Seit 1984 ist sie Presbyterin in Merkstein, seit 1986 Kirchmeisterin. In der Frauenhilfe und einer weiteren Frauengruppe ist sie ebenso aktiv wie bei der Betreuung von Menschen, die in der Gemeinde Sozialstunden ableisten, bei der Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen und im synodalen Fachausschuss für Kindertagesstätten.

Erfolgsgeschichten geben Kraft

Es seien die Erfolgsgeschichten, die ihr die Kraft geben, sich so hartnäckig und mit derart hohem Zeitaufwand für andere einzusetzen, erzählt die 61-Jährige. So hat sie zum Beispiel eine junge Frau begleitet, die früher als Kundin in die Kleiderstube kam und nun als Altenpflegerin Arbeit gefunden hat. Eine andere kam zu ihr, weil sie Sozialstunden ableisten musste. „Sie hat Drogen genommen und konnte anfangs überhaupt nur eine halbe Stunde am Stück arbeiten“, erzählt Uta Hahn. „Inzwischen hat sie einen Ein-Euro-Job und versucht, ohne Drogen auf die rechte Bahn zu kommen.“ Die Arbeit mit Menschen mache ihr einfach Freude, sagt Uta Hahn auf die Frage, warum sie sich in so ungewöhnlichem Maß ehrenamtlich engagiert. Und diese Freude sei ihr Lohn genug. Gleichzeitig ist es ihr besonders wichtig zu betonen, dass sie ohne weitere Ehrenamtliche ihr Arbeit nicht tun könne. So helfen in der Kleiderstube neben Heidi Lemke, Brigitte Möschler und Elvira Penishi unter anderem mit: Silvia Lennartz, Marlies Pötter, Christa Kienbaum, Angela Frein, Gerdi Bosanac und Ute Kuklik.

"Sie macht eigentlich viel zu viel"

Wenn jemand sie um Unterstützung bittet, setzt Uta Hahn sogar Schreiben an Jobcenter, Stromversorger oder Stadtverwaltung auf, geht mit einkaufen oder fährt einen Kranken zum Arzt. „Sie setzt sich immer hundertprozentig für ihre Schützlinge ein und macht eigentlich viel zu viel“, bestätigt auch Mitstreiterin Heidi Lemke. „Uta versucht immer, Seelen zu retten – und manchmal, da gelingt es ihr.“

 

  • Infos zur Merksteiner Kleiderstube:

Adresse: Geilenkirchener Straße 397, Merkstein

Tel.: 02406 / 6 21 64 und 0 15 77 / 3 52 45 30

Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag, 9.30 bis 11.30 Uhr

Gut erhaltene Kleidung für Erwachsene und Kinder wird gerne angenommen, ebenso wie Töpfe, Pfannen und kleine Haushaltsgeräte. Uta Hahn und ihr Team danken herzlich allen Spendern von Kleidung und anderen Dingen aus Nah und Fern!