Öl-Porträt des früheren Aachener Pfarrers Carl Wilhelm Vetter feierlich aufgehängt

Eine der herausragenden Persönlichkeiten in der Geschichte der evangelischen Gemeinde in Aachen nun an würdigem Platz

Verstaubt und mit ausgestochenen Augen hatte das Öl-Porträt in einem Archivraum der Kirchengemeinde gelegen. Keiner wusste, wen das Bild überhaupt darstellte, und auch der Maler - unbekannt.  "Doch im Zugang auf das Reformations-Jubiläumsjahr gab es ein Erwachen", sagt Pfarrer Armin Drack. "Wir haben uns wieder an unsere Geschichte erinnert." Seit gestern hängt das Gemälde nun, natürlich restauriert, im Geschäftszimmer des Aachener Gesamtpresbyteriums im Haus der Evangelischen Kirche. Zuvor war es schon in der Ausstellung "Das Ringen um den rechten Glauben" im Centre Charlemagne zu sehen gewesen. Denn inzwischen weiß man: Das Porträt zeigt Pfarrer Carl Wilhelm Vetter, einen der bedeutendsten reformierten Prediger Aachens, der hier mehr als 50 Dienstjahre absolvierte und und dabei unter drei verschiedenen Herrschaftsystemen wirkte. Ein Bild, vielleicht künstlerisch unbedeutend und auch von unerheblichem monetären Wert, aber ein Schatz für die Evangelische Kirchengemeinde Aachen.

Ganz besonderer Moment im Jahre 1803

Bei dem kleinen Festakt zur Hängung des Bildes am Donnerstag erläuterte der Historiker Thomas Richter vom Institut für Katholische Theologie der RWTH Aachen, was es mit Vetter und seinem Ölgemälde auf sich hat. Vetter, aus Polen stammend und im reformierten Glauben erzogen, wurde nach dem Theologiestudium in Frankfurt an der Oder und Leiden gerade mal 26-jährig und frisch ordiniert auf die vakante Pfarrstelle von Aachen und Vaals berufen. Das war im Jahr 1767. Trotz seiner mehr als 50-jährigen Amtsdauer weiß man heute fast nichts über seine theologische Ausrichtung, da entsprechende Dokumente fehlen. Aus den Quellen geht allerdings hervor, dass er kein konfessioneller Hardliner war, sondern auf Lutheraner wie auch auf Katholiken zuging. "Auf jeden Fall war Carl Wilhelm Vetter ein ganz besonderer Moment in seinem Leben vergönnt", erzählte Thomas Richter. Denn nach jahrzehntelangen Einschränkungen verleihen die Franzosen den Aachener Protestanten nach der Besetzung der Stadt schließlich Religionsfreiheit. "Man kann sich gar nicht ausmalen, glaube ich, was für ein Gefühl das für Carl Wilhelm Vetter war, wie sehr er innerlich bewegt gewesen sein muss, jetzt zum allerersten Mal frei und öffentlich reformierten Gottesdienst in einer Kirche in Aachen feiern zu dürfen. Diesen Tag im Jahr 1803 wird er so schnell wohl nicht vergessen haben."

Durch seine Seltenheit wunderbar wertvoll

Bis zu seiner Emeritierung 1819 blieb Vetter auch Prediger der Vaalser Gemeinde. Zu welchem Anlass und von wem das Bild gemalt wurde, ist auch heute trotz aller Nachforschungen noch nicht bekannt. Am wahrscheinlichsten sei es, erläuterte Thomas Richter, dass das Porträt zum 25. Amtsjubiläum Vetters entstand. "Von den insgesamt 40 reformierten, lutherischen und mennonitischen Predigern, die in Aachen seit 1648 ihren Dienst versahen, kennen wir nur von fünf eine Abbildung", erklärte der Historiker. "Durch seine Seltenheit ist das Ölgemälde von Carl Wilhelm Vetter für uns in Aachen so wunderbar wertvoll, und ich bin glücklich, dass es hier nun einen würdigen Platz gefunden hat."

Pfarrer Drack übernimmt zum Jahreswechsel den Presbyteriumsvorsitz

Zu dem Festakt präsentierte Pfarrer Armin Drack auch die historische Taufschale der Annakirche im Empire-Stil, welche Pfarrer Vetter von der Gemeinde zu seinem 50-jährigen Dienstjubiläum im Jahr 1817 geschenkt wurde. "In Ausnahmefällen wird sie auch noch benutzt", sagte er. Armin Drack ist heute, gemeinsam mit Bärbel und Joachim Büssow sowie Sylvia Engels, an der Aachener Annakirche tätig. Vor einem Jahr feierte er sein 25-jähriges Ordinationsjubiläum und kann damit bisher auf weit weniger Dienstjahre zurückblicken als sein Vorgänger Vetter. Zum Jahreswechsel übernimmt Pfarrer Drack den Vorsitz des Aachener Gesamtpresbyteriums von Pfarrer Redmer Studemund.

(Text und Bilder: C. Braun / Kirchenkreis)