Viele hautnahe Eindrücke warten auf der „umgekehrten“ Balkanroute auf Jugendliche

EKiR-Vizepräses Pistorius: „Für bedrohtes Leben einzutreten, ist humanitäre Pflicht“ – Reise auf Blog und in Sozialen Medien miterlebbar

„Das Eintreten für bedrohtes Leben ist kein Tick der Christinnen und Christen, sondern humanitäre Pflicht aus Ehrfurcht vor dem Leben“, sagte Christoph Pistorius, Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, am Sonntag im Gottesdienst zum Start der Jugend-Reise unter dem Motto „Bis ans Mittelmeer“. In Würselen-Broichweiden machte sich die Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener auf den Weg, um auf der sogenannten Balkanroute rückwärts von Aachen bis ins griechische Thessaloniki zu reisen. 2015 war die Strecke die Hauptroute für Hunderttausende vor Krieg und Verfolgung Flüchtende, insbesondere Syrer, Afghanen, Pakistaner und Iraker. An wichtigen Stationen, unter anderem in München, Wien, Budapest und Belgrad und Skopje, kommen die jungen Leute mit Flüchtlingen, Helfern und weiteren Menschen ins Gespräch - auch über die europäische Asyl- und Migrationspolitik.

Vizepräses kritisiert Haltung Europas gegenüber Flüchtlingen

Im Abschiedsgottesdienst in der Evangelischen Kirche Vorweiden predigte Vizepräses Pistorius über die Geschichte von Kain und Abel und brachte diese mit der Haltung Europas gegenüber Flüchtlingen in Verbindung. „Wir sehen die Bilder der Schlauchboote in Seenot, deren Ankern trotz Ankerzentren nicht gewollt ist, und fragen wie Kain ‚Soll ich meines Bruders Hüter sein?‘“, sagte Pistorius. „Und Gottes Antwort ist: „Ja, das sollst du!“. Gott will, dass wir wie gute Geschwister zusammenleben und er will nicht, dass wir den Tod vermeintlicher Widersacher billigend in Kauf nehmen.“

Neun Stationen auf zweiwöchiger Reise

Die zweiwöchige Reise „Bis ans Mittelmeer“ wird vom Jugendreferat des Evangelischen Kirchenkreises Aachen veranstaltet. Neben Jugendlichen aus der Region Aachen nehmen daran auch junge Leute aus ganz Nordrhein-Westfalen teil, zum Beispiel aus Bonn, Münster, Hamm und Duisburg. Rund 4.800 Kilometer und neun Stationen lagen am Sonntag vor der Gruppe. Das Besondere an der Fahrt sind nicht nur die Begegnungen mit Menschen an den verschiedenen Orten, sondern auch die eigene Berichterstattung der Teilnehmenden über ihre Erfahrungen.

Auf Blog und in Sozialen Medien die Reise mitverfolgen

Denn die ganze Reise über werden die Mitfahrenden auf einem Blog unter www.bisansmittelmeer.de und auf den Sozialen Medien (Facebook, Instagram, Youtube) unter dem Hashtag #bisansmittelmeer ihre Eindrücke posten. Deshalb fahren im Betreuer-Team auch zwei professionelle Journalisten mit, welche den jungen Leute Tipps und Impulse zu medialen Äußerungen geben. Drei der mitreisenden jungen Erwachsenen haben darüber hinaus schon das EKiR-Medien-Programm „News4U“ für angehende Journalisten absolviert und können entsprechende Vorkenntnisse einbringen.

Sich selbst ein Bild machen und Vorurteile über Bord werfen

„Ich finde es wichtig, sich dafür einzusetzen, dass das Thema in den Medien präsent bleibt“, sagte die 20-jährige Maike aus Aachen, beim gemeinsamen Frühstück vor der Abreise. „Wenn es gerade kein übertrieben großes Problem gibt, hört man kaum noch davon, obwohl die Lage der Flüchtlinge weiter schlecht ist.“ Der 19-jährige Felix sagte, es störe ihn, dass in den Medien oft pauschal über „die Flüchtlinge“ berichtet werde. Er finde es wichtig, mit den Menschen selbst zu reden, sie kennenzulernen und dabei auch Vorurteile über Bord zu werfen. Felix, 16, ist der jüngste Teilnehmer der Reise. „Ich will mal die Perspektive wechseln und mir selbst ein Bild machen“, sagte er. „Ich bin besonders gespannt auf die Stationen in Budapest und in Thessaloniki. In Thessaloniki wollen wir sogar ein Flüchtlings-Camp besuchen. Da kann man bestimmt viele Eindrücke sammeln.“

Thema auf europäischer Ebene und im persönlichen Umfeld weiterführen

Der synodale Jugendreferent Axel Büker und sein Team hatten die Reise ein Jahr lang geplant und vorbereitet. „Ans Mittelmeer fahren in den Ferien ja viele, aber wir wollen keinen Urlaub machen, sondern uns mit dem Leben von Menschen beschäftigen, die in ihrer Heimat nicht bleiben konnten, weil sie verfolgt und bedroht sind, und wir wollen sehen, wie die Leute in den Ländern, durch die die Flüchtlinge kamen, darauf reagieren“, sagte er am Sonntag. Die Reise trete er vor allem gespannt, neugierig und erwartungsvoll an, auch mit etwas Sorge vor dem Unplanbaren. „Wenn es gut läuft, werden wir viele sehr unterschiedliche Eindrücke mitnehmen, mehr Einfühlung, was der Weg bedeutet und was in den Ländern auf dem Weg passiert“, sagte der Jugendreferent. Er hoffe, dass die Jugendlichen und die Menschen, welche die Reise online verfolgen, vielleicht neue Ideen bekämen, wie man das Thema auf europäischer Ebene weiterführen könne, aber auch auf der kleineren Ebene, im Kirchenkreis oder auch privat, zum Beispiel mit Partnerschaften und Freundschaften.

(Text: Ev. Kirchenkreis Aachen / C. Braun)