Kirchenkreis Aachen sagt mit englischen Partnern: „Jetzt erst recht!“

Zum Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs fahren Kirchenkreis-Delegation, Aachener Bürgermeisterin und Fahnenabordnung der Bundeswehr in die Partnerstadt Halifax – Direkter Gegenbesuch zu Kreissynode und Volkstrauertag – Freundschaft trotz Brexit noch intensivieren

Vieles rund um den beschlossenen Austritt Großbritanniens aus der EU ist noch unklar. Eindeutig positioniert sich aber jetzt der Evangelische Kirchenkreis Aachen. „Seit zehn Jahren ist unsere Freundschaft mit den Partnern in Halifax gewachsen“, sagt Pfarrer Jens-Peter Bentzin. „Unser kirchlicher Auftrag ist es, Stachel im Fleisch zu bleiben, und zu sagen: Jetzt erst recht!“ Zum britischen „Remembrance Day“ am 11. November und damit zum gemeinsamen Gedenken an das Ende des Ersten Weltkrieges reist eine 20-köpfige Gruppe des Kirchenkreises in die Aachener Partnerstadt. An den Feierlichkeiten nimmt außerdem eine Fahnenabordnung des Ausbildungszentrums Technik Landsysteme aus der Lützow-Kaserne Aachen teil, sowie die Aachener Bürgermeisterin Marianne Conradt.

Reise in besondere politische Situation

Vor vier Jahren hatten Bundeswehrsoldaten aus Aachen im Rahmen eines Kirchenkreis-Besuchs in Halifax erstmalig an einem „Remembrance Day“ in Großbritannien teilgenommen. Damals gedachten die deutschen Gäste gemeinsam mit rund 1000 Gottesdienstbesuchern im Halifax Minster der Gefallenen der Weltkriege. In diesem Jahr nun ist einiges anders als noch 2014: „Es ist eine ganz besondere politische Situation, in die wir da hineinfahren“, sagt Pfarrer Jens-Peter Bentzin. „Die zukünftige Identität, die Beziehungen innerhalb Europas, die Partnerschaft der Städte, aber auch die Beziehungen der Kirchen, das alles wird durch den Ende März drohenden Brexit in Frage gestellt.“ Es sei dem Kirchenkreis Aachen wichtig, gerade in diesem Jahr ein Zeichen der Wertschätzung zu setzen,  die Begegnung zu suchen und die Freundschaft noch zu intensivieren.

Gedenken beginnt mit Parade durch die Stadt

In Halifax werden die Gäste aus der Region Aachen am Samstag unter anderem an einem Empfang des Bürgermeisters teilnehmen, gemeinsam mit dem hannoverschen Landesbischof Ralf Meister und Nicholas Baines, dem Bischof von Leeds. Der Remembrance-Day-Sonntag beginnt mit einer Parade durch die Stadt, an der die vier Bundeswehrsoldaten der Fahnenabordnung gemeinsam mit den Soldaten des Yorkshire-Regiments vom Rathaus zum Kriegsdenkmal ziehen. Es schließen sich dort eine Gedenkfeier sowie ein Gottesdienst im Halifax Minster an. Wie auch vor vier Jahren schon, ist der Monschauer Pfarrer Jens-Peter Bentzin wieder gebeten worden, in diesem Gottesdienst auf Englisch zu predigen.

Remembrance Day und Volkstrauertag sind auf einander bezogen

Gleich am folgenden Wochenende statten die Partner aus Halifax dann der Kreissynode des Kirchenkreises Aachen sowie der Stadt Aachen einen Gegenbesuch ab. Reverend Canon Hilary Barber vom Halifax Minster und drei Mitreisende werden gemeinsam mit Pfarrer Bentzin und weiteren Beteiligten aus dem Kirchenkreis Aachen den Eröffnungsgottesdienst der Synode am Freitag zweisprachig gestalten. Am Samstag steht ein Workshop mit den Gästen zum Jahresthema „Frieden“ unter dem Titel „Schuld eingestehen: Erfahrungen von der gemeinsamen Feier des Remembrance Day in Halifax, 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs“ auf der Tagesordnung der Synode. Am Samstag werden die Partner aus Halifax außerdem beim Aachener Oberbürgermeister empfangen und nehmen an einer Gedenkstunde in der Aula Carolina teil. Am Sonntag, dem Volkstrauertag, legen sie einen Kranz auf dem „Ehrenfriedhof“ auf dem Waldfriedhof nieder.

Prägende Erfahrungen mit Europa waren Kriege

Aus englischer Perspektive hätten das Ende des Ersten Weltkrieges und der Brexit viel miteinander zu tun, erläutert Pfarrer Bentzin, der selbst während eines Sondervikariats in Cambridge ordiniert wurde und schon lange enge Beziehungen zu Großbritannien pflegt. „Die prägenden Erfahrungen der Briten mit Europa waren die Erfahrungen der Kriege“, sagt er. Der Erste Weltkrieg sei aus britischer Sicht noch bedeutsamer als der Zweite Weltkrieg, weshalb auch das Erinnern daran bis heute eine besonders große Rolle spiele. „Der britische Remembrance Day und der deutsche Volkstrauertag sind in unserer Planung in diesem Jahr deutlich aufeinander bezogen“, sagt Bentzin. „Ich freue mich sehr und bin dankbar, dass die englische Seite sich dazu einladen lässt, mit uns gemeinsam an der Friedensthematik und der europäischen Dimension unserer Partnerschaft zu arbeiten.“

(Text: C. Braun / Kirchenkreis Aachen)