Zwischen Halloween und Totengedenken – Abschied und Neubeginn

November - für viele Menschen ist dieser Monat ein Horror. Die zunehmende Kälte und Dunkelheit, das fallende Laub, der graue Nebel, die schwarzen Gerippe der kahlen Bäume - alles das legt sich lähmend und manchmal bleischwer auf die Seele.

Einen schrillen Gegenpol zu dieser düsteren Stimmung versucht ein Brauch zu setzen, der vor einiger Zeit auch in Deutschland angekommen ist: „Halloween“. An Fenstern und Türen stehen Laternen aus ausgehöhlten Kürbissen, und mancherorts ziehen Kinder und Jugendliche als Gespenster verkleidet von Haus zu Haus, um Süßigkeiten zu fordern. Und in den Geschäften findet sich ein breites Angebot an Plastikdekoration und Kostümen für „Halloween-Partys“ am 31. Oktober. Doch woher kommt „Halloween“ eigentlich? Schon seit Jahrhunderten wurde in Irland am Ende des landwirtschaftlichen Jahres, zum Beginn des Novembers, mit dem „Samhain“ der Beginn eines neuen Jahres begangen - mit Erntedank und mit der Ehrung der Verstorbenen. Aber dieser Übergang in ein neues Jahr wurde auch immer als unheimlich empfunden, bedroht durch die Schatten des Alten und die Geister der Vergangenheit, die durch Opfer und Maskeraden vertrieben werden sollten.

Abschied zu nehmen bedeutet oftmals auch eine Erleichterung

Vieles von diesem Brauchtum ist später in das christliche Gedenken der Verstorbenen an den Festtagen „Allerheiligen“ und „Allerseelen“ am 1. und 2. November aufgenommen worden: etwa mit dem Gang zum Friedhof, wo die Gräber mit Blumen und brennenden Lichtern geschmückt werden. In der russisch-orthodoxen Tradition versammeln sich die Familien sogar zum gemeinsamen Essen (und Wodkatrinken) an den Gräbern der Vorfahren. Und im lateinamerikanischen Katholizismus schließlich ist daraus eine lärmende Fiesta der Lebenden und der Toten geworden.

Das mag verwirrend, vielleicht sogar schockierend klingen. Aber das Abschied Nehmen von den Verstorbenen ist eben auch widersprüchlich und verwirrend: Trauer steht neben Erleichterung, und manchmal werden die Lebenden noch lange von ungeklärten Erbschaften und anderen Schatten der Vergangenheit eingeholt.

Reformation als Hoffnung auf Neubeginn

Aber für die Christen ist dieses Abschiednehmen auch immer mit der Hoffnung auf einen Neubeginn verbunden. Gerade für die Protestanten markiert der 31. Oktober noch einen weiteren schmerzhaften Abschied und zugleich Neubeginn: denn am Vorabend des Allerheiligentages 1517 schlug der Mönch Martin Luther seine 95 Thesen - gegen Höllenangst und Ablasshandel - an die Türen der Schlosskirche in Wittenberg, und setzte damit die Reformation in Gang - zugleich die Spaltung und die Erneuerung der Kirche.

Gehe auf, mein Licht - Laternenumzüge sind bei Groß und Klein beliebt

Abschied und Neubeginn: in früheren Zeiten schließlich begann die Adventszeit schon sieben Wochen vor Weihnachten, am 11. November, am Tag des Heiligen Martin - an den noch heute Laternenumzüge erinnern, und eines der Lieder dazu verkündet: „Tragt in die Welt nun ein Licht, sagt allen: fürchtet euch nicht …“

(Text: Ulrich Holste-Helmer)