Eigene Klassenräume für Schnarcher und „Zu-spät-Kommer“

Erhard Wilms und Andreas Schmeitz organisieren die Fahrt von 250 Teilnehmern aus der Region Aachen zum 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag nach Dresden – Gemeinschaftsquartier in einer Schule – Fünf Tage „Lizenz zum Querdenken“

 

Noch etwas verschlafen verstauen Jugendliche, Familien und Senioren ihr Gepäck, begrüßen Mitreisende und verabschieden sich von Daheimbleibenden. Nur Erhard Wilms ist schon lange hellwach. „Die Abreise gibt dem Adrenalinspiegel einen gigantischen Kick“, sagt der Jugendreferatsleiter des Evangelischen Kirchenkreises Aachen. „Erst wenn wir endlich unterwegs sind, legt sich meine Aufregung.“

Meist passiert etwas Unerwartetes

Seit zwanzig Jahren ist Wilms zuständig für die Organisation der Gemeinschaftsfahrt aus der Region Aachen zu den Evangelischen Kirchentagen. „Da passiert immer etwas, das noch nie passiert ist“, meint er. So fuhr einmal der Sonderzug in die falsche Richtung, ein anderes Mal war ein Busfahrer angetrunken und konnte erst mit Hilfe der Polizei davon überzeugt werden, seinen Dienst nicht anzutreten. Doch an diesem Morgen läuft alles nach Plan. 150 Teilnehmer sammeln sich am Treffpunkt in der Aachener Innenstadt, um in die drei bereitstehenden Busse zu steigen - vor sich die neunstündige Fahrt zum 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden.

400 Teilnehmer aus der Region Aachen in Dresden

Aus dem ganzen Kirchenkreis Aachen sind etwa 400 Teilnehmer zum Kirchentag angemeldet. 250 von ihnen übernachten im Gemeinschaftsquartier, der Prof.-Dr.-Zeigner-Schule in der Dresdner Neustadt. In zwölf Klassenräumen breiten dann alle, von der 14-jährigen Konfirmandin bis zum 78-jährigen Senior, ihre Isomatten und Schlafsäcke aus. „Es gibt aber getrennte Unterbringung für besondere Gruppen“, berichtet Wilms, „zum Beispiel für Minderjährige, für Schnarcher, oder für die Leute, von denen bekannt ist, dass sie grundsätzlich sehr spät heimkommen und sonst alle im Raum aufwecken würden.“

Eigenes Geschirr im Gepäck - für die Umwelt

Quartiermeister in der so genannten Aachener Schule ist Andreas Schmeitz, der selbst seit seiner Jugend regelmäßig die Kirchentage besucht hat. Er ist nicht nur für die Nacht- und Quartierwache verantwortlich, sondern auch für das Frühstück. Dafür ist jeder Teilnehmer angehalten, eigenes Besteck und Brettchen mit zubringen, denn der Kirchentag legt großen Wert darauf, eine der umweltfreundlichsten Großveranstaltungen der Welt zu sein.

Gottesdienste und Elb-Schifffahrt

Ihren fünftägigen Aufenthalt in Dresden können die Besucher aus der Region Aachen nach den eigenen Interessen gestalten, zum Beispiel mit Konzerten und Diskussionsrunden, Gottesdiensten, Stadtrundgang und Schifffahrt auf der Elbe. Insgesamt erwartet Dresden 100.000 Dauerteilnehmer und mehr als 50.000 Tagesgäste aus ganz Deutschland. 3000 Einzelveranstaltungen stehen im Programmheft. Das Besondere am Evangelischen Kirchentag, so findet Erhard Wilms, sei es, alle Mitfahrer und Mit-Teilnehmer als Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern zu erleben und gleichzeitig seinen Horizont zu erweitern und die anderen in neuen Rollen kennenzulernen. „Auf dem Kirchentag“, so Wilms, „gibt es immer fünf Tage lang die Lizenz zum Querdenken.“

Nach dem Kirchentag in den Ruhestand

Den Adrenalinkick der Abreise jedoch kann Wilms wahrscheinlich in diesem Jahr zum letzten Mal genießen. Mit 63 Jahren geht der Jugendreferatsleiter, der einst auch seine Frau auf einem Kirchentag kennenlernte, im Sommer in den Ruhestand. Wenn er also in zwei Jahren wieder frühmorgens in den Bus zum Kirchentag steigt, dann ganz entspannt und vielleicht noch etwas verschlafen, als Teilnehmer.

 

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