Das doppelte Christkind
Welcher von den rotgewandeten und rauschebärtigen Männern, die einem im Dezember in den Kaufhäusern oder auf den Weihnachtsmärkten begegnen, ist denn nun der „echte“ Nikolaus oder Weihnachtsmann? Und wer oder was bringt die Geschenke? Hinter diesen Kinderfragen steckt Ab- gründiges: woran wollen wir glauben in dieser dunkelsten Zeit des Jahres? Welche Bilder, welche Hoffnungen erleuchten und beflügeln uns? Gerade in der Zeit von Weihnachten und Neujahr mischt sich bei dem, was wir denn glauben, oder auch nicht (mehr) glauben wollen, Christliches und Märchenhaftes, und auch manches vorchristliche Brauchtum.
Der Heilige Nikolaus ist nicht der Weihnachtsmann
Also, wer sind sie, die rotgewandeten und rauschebärtigen Männer, die in diesen Wochen auftreten? Nikolaus, oder Weihnachtsmann, oder Ruprecht? Und macht es überhaupt einen Unterschied, wer sie sind? Wenn man genauer hinsieht, schon:
Der Heilige Nikolaus – zu erkennen am hohen Bischofshut und am Hirtenstab – war ein christlicher Bischof, der im 4. Jahrhundert an der türkischen Mittelmeerküste lebte. Er wurde in der Geschichte des Christentums nicht nur zum Schutzpatron der Seefahrer, sondern auch zum Kinderfreund: zu sehen und zu schmecken an den Süßigkeiten, die sich am Morgen des 6. Dezember in den Schuhen oder Strümpfen der Kinder finden.
Der Weihnachtsmann dagegen (in den USA bekannt als Santa Claus, in Russland als Väterchen Frost) entstammt der europäischen Märchenwelt, und ist - samt Wichteln, Elfen und fliegendem Rentierschlitten - dafür zuständig, die Geschenke für den Weihnachtstag herzustellen und auszuliefern.
Doch hier scheiden sich auch die Geister: für andere ist es das Christkind, das die weihnachtlichen Geschenke bringt.
Das Christkind ist Gottes Geschenk
Da es jedoch kaum jemand gesehen hat, gibt es nur wenige Beschreibungen, wie es aussieht: eher klein, eher weiblich, wahrscheinlich mit Flügeln - also ein Engel- oder Elfenwesen aus der Märchenwelt. Jedenfalls nicht Jesus, das biblische Christkind, das Christen schon seit Jahrhunderten als geschnitzte Holzfigur in die Weihnachtskrippe legen, oder auch in früheren Jahrhunderten als Holzpuppe in den Armen wiegten – um so Gottes Nähe leibhaftig zu erfahren.
Knecht Ruprecht stammt aus dem Alpenraum
Und schließlich Knecht Ruprecht, die dunkle Gestalt, die mal an der Seite des Nikolaus auftritt, oder auch allein - aber in jedem Fall als Kinderschreck? Er stammt – samt den gespenstischen Perchten und Buttenmandln im Alpenraum – aus dem vorchristlichen Brauchtum, das die 12 Rauhnächte zwischen Weihnachten und 6. Januar fürchtet (keine Wäsche waschen und aufhängen!) und etwa durch das Feuerwerk am Altjahresabend zu bannen versucht.
"Christus segne dieses Haus"
Was trägt und schützt in der dunkelsten Zeit des Jahres? Die Christen sagen: der, der in den dunkelsten Tagen geboren wurde – Jesus Christus, das Licht der Welt. So, wie es die drei Heiligen Könige, die am 6. Januar durch die Straßen ziehen, an die Haustüren schreiben: „Christus Mansionem Benedicat“ – Christus segne dieses Haus.
(Text: Ulrich Holste-Helmer)