"Saukalt ist es hier oben"

Der einzige Aachener Posaunenchor spielt an den Adventssamstagen auf dem Kirchturm von St. Michael in Burtscheid - Evangelische Tradition "zum Lobe Gottes und den Menschen zur Freude"

Beim Aufstieg hat es die große Tuba am schwersten. Eine steinerne Wendeltreppe und dann eine steile Holzstiege hinauf, vorbei an den vier Glocken, und zuletzt durch eine enge Luke tragen alle Bläser vorsichtig ihre Instrumente. "Achtung, Kopf einziehen!" Auf der zugigen Plattform wird es mit 17 Musikern, diversen Notenständern und einigen Besuchern schließlich ganz schön eng. "18 Bläser war bisher unsere Höchstzahl hier oben", erzählt Christoph Land, der Leiter des Posaunenchors der evangelischen Kirchengemeinde Aachen. Seit ungefähr 25 Jahren steht das Turmblasen in der Adventszeit fest auf dem Programm seiner Gruppe. "Wir waren auch schon auf anderen Türmen", sagt Land, "aber der hier ist der schönste."

Adventslieder schallen über die Stadt

Als alle ihre Instrumente ausgepackt und die Noten mit Wäscheklammern an den Ständern festgeklemmt haben, dämmert es draußen schon. Nur wenige Passanten sind von oben am Michaelsberg zu sehen. Doch unmittelbar anwesendes und applaudierendes Publikum ist für die Musiker nicht entscheidend. „Musizieren zum Lobe Gottes und den Menschen zur Freude", so lautet der Leitgedanke der evangelischen Posaunenchöre. Im Kurpark, im Krankenhaus und weit über die Stadt höre man die Musik vom Kirchturm, sagt der Chorleiter. Dann beginnt das Konzert und die Bläser spielen Adventslieder wie "Macht hoch die Tür", "O Heiland, reiß die Himmel auf", "Herbei, o ihr Gläub'gen" und "Tochter Zion". 

Ursprünge im 18. Jahrhundert

Die etwa 25 Mitglieder des einzigen Aachener Posaunenchors sind alle evangelisch. Die Ursprünge der Posaunenchöre reichen zurück zur Herrnhuter Brüdergemeinde in der Oberlausitz, die Gottesdienste und Singstunden seit Mitte des 18. Jahrhunderts mit dieser Musik begleitete. Weite Verbreitung fanden die Posaunenchöre dann Ende des 19. Jahrhunderts, zunächst in Abgrenzung zu militärischen Blaskapellen und mit dem Hauptziel der Volksmission. "Lobet ihn mit Posaunen", heißt es in Psalm 150,3a. Der Aachener Posaunenchor besteht inzwischen seit 105 Jahren; seit 1981 leitet ihn Christoph Land.

Wenn es unter Null ist, frieren die Posaunen ein

Als jüngste Musiker sind an diesem Samstag der elf Jahre alte Laurids und die zwölfjährige Vera mit dabei. "Es ist das Coolste, hier mit dem großen Chor spielen zu dürfen und nicht nur mit den Anfängern", strahlt Vera. Sie spielt seit etwa einem Jahr Trompete, Laurids seit drei Jahren. "Es ist schon toll hier oben, aber auch saukalt", sagt er lachend, als alle nach einer Dreiviertelstunde das letzte Lied gespielt haben und wieder einpacken. Die Älteren hingegen meinen, an diesem Tag sei es noch "mild" gewesen. "Wir waren schon hier oben, als der Wind die Schneeflocken waagerecht über die Plattform getrieben hat!" Solange die Temperatur aber über null Grad ist, sei ein Konzert auf dem Kirchturm kein Problem. Nur wenn es kälter ist, frieren die Instrumente ein. "Als erstes die Posaunen", sagt Land. "Wegen des dünnen Feuchtigkeitsfilms im Zug."

Nächster Termin zum Turmblasen: Samstag, 17. Dezember, 16.45 Uhr

Noch einmal spielen die Musiker in diesem Jahr vom Turm der Kirche St. Michael in Burtscheid: am Samstag, 17. Dezember, von 16.45 Uhr an. Zum Weihnachtsblasen treffen sie sich dann am 25. Dezember um 8.30 Uhr im Margarete-Eichholz-Heim an der Wichernstraße. Die nächsten Konzerte gibt der Chor danach am 8. und am 12. Februar in Gottesdiensten, die Teil der Musikalischen Stafette zum Lutherjahr sind.

Weitere Informationen zum Posaunenchor der Evangelischen Kirchengemeinde Aachen