„Extrem coole Stimmung“ in der Stadt aus Holz und Zelten

Beim Bundeslager der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) kommen in Hellenthal 1600 Teilnehmer zusammen – Zwölftägiges Programm mit „Hajk“, Stadtspiel, Markt-, Besucher- und Lebenswegetag – Acht Duschen und 1000 Glas Nutella

Für den 23 Jahre alten Micha aus Braunschweig ist das Wandern in den Sonnenaufgang beim mehrtägigen „Hajk“ eins der tollsten Erlebnisse, Saskia, 19, von der Nordseeinsel Föhr liebt es, wenn abends im Lager Gitarre gespielt und gesungen wird, und der fünfzehnjährige Justin aus Freiburg findet die Stimmung einfach „extrem cool“, und dass sie alle zusammen eine Stadt gebaut haben „nur aus Holz und Zelten“. Mit rund 1600 anderen Teilnehmern von der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) verbringen alle drei zurzeit zwölf Tage im Bundeslager in der Eifel, auf einer großen Wiese neben dem dortigen Wildpark.

Mehr als drei Kilometer Seil für das "Pantheon"

Alle Bauten der riesigen Zeltstadt bestehen ausschließlich aus Zeltplanen der traditionellen Schwarzzelte, aus Holzstangen und Sisalseilen. Selbst die Großbauten jedes Unterlagers wie das „Pantheon“, die Basilika und das Kastell, die bis zu einer Woche für den Aufbau benötigen, sind nur daraus gefertigt. „Für mich ist Bauen das Beste am Bundeslager“, erzählt der 25 Jahre alte Florian aus Hannover, der zusammen mit Stammesbruder Stefan das Pantheon errichtet hat. Etwa 70 Holzstangen, an die 100 Zeltplanen und geschätzte drei Kilometer Sisalseil hat ihre Gruppe dafür gebraucht. „Außer beim Bundeslager haben wir nicht so oft die Gelegenheit, ein so großes Bauwerk aufzustellen, das auch genutzt wird und ein paar Tage bleibt“, sagt Florian. Selbst das Unwetter in der dritten Nacht des Lagers überstand der große Zeltbau größtenteils unbeschadet.

Unterschlupf im evangelischen Gemeindehaus

Knapp 100 Pfadfinder hatten aufgrund von Regen und Sturm diese Nacht im evangelischen Gemeindehaus in Hellenthal verbringen müssen. Die Hellenthaler Feuerwehr und das Deutsche Rote Kreuz  waren aktiv geworden, verletzt wurde durch das Unwetter glücklicherweise aber niemand. „Außer ein paar nassen Schlafsäcken ist fast nichts passiert“, sagt Martin aus Frankfurt, der mit seiner Frau Magdalena und seinen zwei und fünf Jahre alten Töchtern im Familienteil des Lagers campiert.

Die Teilnahme an den Morgen- und Abendandachten ist Pflicht

Im Bundeslager mit seinen sechs „Unterlagern“ liegt der Altersdurchschnitt der Teilnehmer in diesem Jahr bei 17,5 Jahren – die Jüngste ist erst sieben Wochen alt, der Älteste 88 Jahre. Die eigentliche Pfadfinderarbeit beginnt in der CPD mit elf Jahren. Die Jugendlichen lernen dabei die praktischen Pfadfindertechniken wie Feuermachen, Orientierung im Gelände oder Knoten, erhalten aber auch einen Zugang zum christlichen Glauben und werden zur Auseinandersetzung mit Gottes Wort angeregt. Im Vordergrund stehen das gemeinsame Erleben und Lernen in der kleinen Gruppe, die Entwicklung von Persönlichkeit und Kreativität. Im Bundeslager findet die christliche Grundlage der CPD zum Beispiel ihren Ausdruck in den Morgen- und Abendandachten, an denen die Teilnahme Pflicht ist, und an den Tischliedern vor und nach jeder Mahlzeit.

Motto "per limites" versetzt Pfadfinder in die Römerzeit

In diesem Jahr sind alle Andachten, die maßgeblich von den Jugendlichen selbst gestaltet werden, am Oberthema des Bundeslagers „per limites“ ausgerichtet -  das Überwinden und Überschreiten von Grenzen. Mit dem Motto „per limites“ ist auch die Spielidee des diesjährigen Lagers verbunden, ein großes Live-Rollenspiel, das alle in die Epoche der Römer und Germanen versetzt. So wird in der zweiten Lagerwoche der Zeltplatz zur Stadt „Castra CPDorum“, in der ein germanischer Stammesfürst, der Centurio und der Pontifex Maximus das Sagen haben. In den Unterlagern tummeln sich dann zum Beispiel Legionäre, Handwerker, Krieger und Priester. Am Markttag handeln alle Teilnehmer mit selbstgedruckten Sesterzen, der blinde Seher veranstaltet eine beeindruckende Feuershow, und schließlich wird auch noch die Tochter des Senators von germanischen Aufständischen entführt.

"Vogt" Max Duisberg aus Hellenthal ist der Jüngste im Leitungsteam

Das Drehbuch für die Spielidee entstand im Leitungsteam des Bundeslagers, das insgesamt 50-100 Personen umfasst. Die Teammitglieder müssen alle vier Jahre eine gigantische Organisationsleistung vollbringen, von der Auswahl und Einrichtung eines geeigneten Lagerplatzes über dessen Belieferung mit Nahrungsmitteln und Entsorgung von Abfällen, die Gewährleistung der Sicherheit aller Teilnehmer, die Vermittlung von 1400 Teilnehmern in soziale oder kirchliche Dienste am „Lebenswegetag“ bis hin zur Planung des Rollenspiels. „Vogt“ des Bundeslagers ist in diesem Jahr Max Duisberg aus Hellenthal. „Das ist eine Mischung aus Hausmeisterei und Logistik“, erklärt der 19-Jährige. Er und die 20 Mitarbeiter seiner „Vogtei“ haben unter anderem den Lagerplatz abgesteckt und Brennholz beschafft, die Sicherheit der Bauten geprüft, die Installation von acht Duschen ermöglicht und die 32 Busse koordiniert, die alle Teilnehmer zum Stadtspiel nach Trier und zurück brachten.

Wiedersehen in vier Jahren

Wenn am Sonntag alle Teilnehmer wieder abreisen – nicht nur zurück in alle Ecken Deutschlands, sondern auch nach Finnland und Angola – kümmert die Vogtei sich schließlich darum, dass kein Müll zurückbleibt und sogar das wegen des Regens ausgestreute Stroh noch aufgerecht wird. Von „Castra CPDorum“ bleiben dann nur eine plattgetretene Wiese und wunderbare Erinnerungen.