„Unser Glaube ist schon inklusiv - die Gemeinden müssen es noch mehr werden“

Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Aachen beschäftigt sich mit „Inklusion in Gesellschaft, Kirchengemeinde und Schule“ – Paralympics-Sieger und Pfarrer Rainer Schmidt gestaltet ungewöhnlichen Vortrag – "Inklusion ist die Kunst des Zusammenlebens sehr verschiedener Menschen"

„Jeder Mensch erhält die Möglichkeit, sich vollständig und gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen“, so lautet eine Definition des zurzeit häufig verwandten Begriffs „Inklusion“. Auf der Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Aachen sprach Referent Rainer Schmidt am Samstag nicht bloß über dieses Thema, sondern setzt es auch gleich um und macht seine Bedeutung für die mehr als hundert Teilnehmer erfahrbar. Denn das Referat „Inklusion in Gesellschaft, Kirchengemeinde und Schule“ wurde bei ihm selbst zu einem gesellschaftlichen Prozess, an dem alle Anwesenden aufgefordert waren mitzuwirken. Um dies möglich zu machen, wechselten die Abgeordneten aus den 13 Gemeinden des Kirchenkreises aus ihrem Tagungssaal im Haus der Evangelischen Kirche in Aachen für den Samstagvormittag in die Aula des Gymnasiums St. Leonhard, die ihnen einen großen, leeren Raum bietet. Nur so konnten die Teilnehmer zum Beispiel in der „Gesprächsmühle“ frei umhergehen und bei einem Signal mit dem zufällig am nächsten Stehenden sprechen oder sich später zu wechselnden Gruppen zusammenfinden. In seinem Vortrag ging Schmidt dann auf die Bedeutung der seit 2009 geltenden UN-Behindertenrechtskonvention ein und berichtete mit viel Humor über seine eigenen Erfahrungen als Mensch mit Behinderun. Seine Definition von Inklusion lautete schließlich: "Inklusion ist die Kunst des Zusammenlebens sehr verschiedener Menschen. Jeder Mensch ist verschiedenartig, aber gleich wertvoll."

Handbuch für Gemeindearbeit geplant – Konkrete Schritte für den Alltag

Pfarrer Redmer Studemund aus Aachen ist gemeinsam mit Pfarrerin Elisabeth Peltner aus Alsdorf Synodalbeauftragter des Kirchenkreises für Menschen mit Behinderung und hat den Thementeil der diesjährigen Kreissynode zusammen mit Experten für Bildung, Schule und Jugend vorbereitet. „Beim Stichwort ‚Inklusion‘ denken wir oft nur an Schule“, sagt Studemund. „Aber wir wollen das Thema übergreifend für Kirche, Gemeinden und die ganze Gesellschaft sehen. Diese Kreissynode soll den Aufschlag dazu machen, dass alle Gemeinden und Institutionen im Kirchenkreis sich mit Inklusion beschäftigen und die Inklusion bei uns immer mehr Wirklichkeit wird.“ Referent Rainer Schmidt, selbst evangelischer Pfarrer und ein Mensch mit körperlicher Beeinträchtigung, entwickelt derzeit auch ein Handbuch für die Evangelische Kirche in Rheinland, mit dessen Hilfe die Gemeinden ermitteln können, wo sich bei ihnen konkrete Schritte zur Inklusion umsetzen lassen. Barrierefreie Gebäude, inklusiver Konfirmandenunterricht und Freizeitangebote für Jugendliche mit und ohne Behinderung, die stärkere Vernetzung mit Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder Texte in einfacher Sprache wären dafür nur einige Beispiele. „Wir sind als Kirche eine Gemeinschaft der Verschiedenen und trinken beim Abendmahl aus einem Kelch“, so Pfarrer Studemund. „Unser Glaube ist von sich aus schon inklusiv. Dies müssen wir in Zukunft aber noch mehr in den praktischen Alltag und das Leben in den Gemeinden übertragen.“

Gemeindegliederzahl stabil, Haushaltsabschlüsse erfreulich

Neben den Wahlen (mehr dazu in dieser Meldung) und dem Themenvormittag Inklusion waren ein wichtiger Tagesordnungspunkt der Kreissynode auch Verwaltungs- und Finanzangelegenheiten, darunter die Jahresabschlüsse 2010 und 2011 sowie die Planung für 2013.

Als Vorsitzender des Finanzausschusses berichtete Pfarrer Erik Schumacher zur Kreissynode über die Abschlüsse der Haushaltsjahre 2010 und 2011, die aufgrund der aufwändigen Umstellung des Buchungssystems auf das „Neue kirchliche Finanzwesen“ (NKF) erst jetzt vorgelegt werden konnten. Erfreulicherweise wurden beide Haushaltsjahre positiv abgeschlossen, mit +341.166 Euro für 2010 und +88.200 Euro für 2011, obwohl planerisch Defizite erwartet worden waren. Die Haushaltsplanungen für 2012 und 2013 gehen jeweils weiterhin von Kirchensteuereinnahmen in Höhe von jährlich 14,3 Mio. Euro aus und weisen ein planerisches Defizit von rund 165.000 Euro für 2012 und rund 288.000 Euro für 2013 auf. Grund für die beiden positiven Abschlüsse der Vorjahre waren neben Einmaleffekten vor allem die in diesen Jahren unerwartet hohen Kirchensteuereinnahmen, insbesondere im Jahr 2010. Diese stammen allerdings nicht aus der Region Aachen, sondern aus dem Rheinland insgesamt. Der Kirchenkreis Aachen profitiert davon aufgrund des „übersynodalen Finanzausgleichs“.

Mitte November 2012 sind im Evangelischen Kirchenkreis 82.207 Protestanten registriert. Im Vorjahr waren es 82.164; die Zahl der Gemeindeglieder ist also fast unverändert.