Notsicherung verschafft der Kirche fünf Jahre Zeit

230 Jahre alter Dachstuhl der Kirche in Roetgen schwer beschädigt – Sanierungskosten auf 1,5 Millionen Euro geschätzt – Spenden und Kollekten sollen Stellung von Förderanträgen möglich machen

Von unten sehen Besucher der barocken Saalkirche in Roetgen ihn kaum, den verräterischen Riss, der im Kreis um die ganze Kirchendecke läuft. „Erst einmal stehen wir hier auch wieder sicher“, betont Pfarrer Wolfgang Köhne. Doch wer in den Dachstuhl des 230 Jahre alten Gotteshauses steigt, erkennt sofort, warum dort eine Notsicherung dringend geboten war: Tragende Eichenbalken haben sich verformt und drohen aus den Verankerungen zu gehen, ein faulig aussehendes Loch klafft zwischen zwei Balken, die eigentlich verbunden sein müssten. „Und die richtig schweren Schäden in Holz und Mauerwerk, die durch den Hausschwamm entstanden sind, kann man von außen noch nicht einmal gleich sehen“, erzählt Frank Liedtke, Presbyter der Evangelischen Kirchengemeinde Monschauer Land und zurzeit mit der Leitung der Arbeiten an der Kirche betraut.

Hausschwamm und Risse - "die ganze Palette möglicher Schäden"

Bei einer Begehung im Mai 2011 hatte ein Sachverständiger entdeckt, dass es im Tragwerk des Dachstuhls der Evangelischen Kirche Roetgen zu Bewegungen gekommen war. Um den Schäden genau auf den Grund zu gehen, musste der Dachstuhl aufwändig von Bauschutt und von einer vor Jahrzehnten aufgebrachten Wärmeisolierung aus Mineralwolle befreit werden. Eine holztechnische Begutachtung im Sommer ergab dann, dass fast alle tragenden Eichenbalken der Konstruktion durch wahrscheinlich jahrzehntelang unerkannt gebliebenen Eintritt von Feuchtigkeit und damit verbundenen Befall durch holzzerstörende Pilze schwer geschädigt sind. Setzungen und Risse wurden außerdem entdeckt – die ganze Palette möglicher Schäden in einem so alten Bauwerk, wie Liedtke sagt.

Schäden in der Decke waren schon Ende der 1960er Jahre sichtbar

Wäre nicht noch vor Wintereinbruch eine Notsicherung in den Dachstuhl eingebaut worden, hätte die Kirche geschlossen müssen, da das Dach hätte einstürzen können. „Der Arzt würde wohl von einer Orthese sprechen“, beschreibt Liedtke die neu eingezogenen Balken und Eisenbänder. Durch ein Loch in der historischen Lehmputzdecke deutet er von oben auf die abgehängte neue Decke des stützenlosen Kirchenraums, die Anfang der 1970er Jahre eingezogen worden war, als erste Schäden sich im alten Gewölbe gezeigt hatten. „Schon damals hing die Decke durch“, erklärt er. „An der alten Konstruktion wurde dann aber eine 2,5 bis 3 Tonnen schwere neue Decke aufgehängt, die das Problem noch verstärkt!“

Holzkonstruktion des Daches war selbst dem Gutachter neu

Die sehr seltene Holzkonstruktion des Dachstuhls, die selbst dem erfahrenen Holzgutachter noch nie in ähnlicher Form begegnet war, bedeutet nun auch für die Sanierung eine zusätzliche Schwierigkeit. Denn das große Gewicht des Dachs lastet auf nur vier Achsen. Anders als bei der kleinteiligeren Bauweise des Dachstuhls der Monschauer Kirche zum Beispiel können deshalb in Roetgen während der Ersetzung eines beschädigten Balkens die Lasten nicht so leicht auf benachbarte Achsen abgeleitet werden. Die Notsicherung des Daches, die der Gemeinde nun fünf Jahre Zeit verschafft, hat bereits 100.000 Euro gekostet. Die Instandsetzung des Daches und der Decke im Innenraum der Kirche wird wahrscheinlich mindestens 1,5 Millionen Euro kosten. Und dass zusätzlich zu der noch nicht sichergestellten Finanzierung der Instandsetzung des Daches und der Decke der Monschauer Kirche, die ebenfalls etwa 1,3 Millionen Euro verschlingt.

30.000 Euro müssen jetzt gesammelt werden

„Diese notwendige Maßnahme stellt eine weitere große Herausforderung für die weitverstreut lebende Evangelische Kirchengemeinde Monschauer Land dar“, sagt Pfarrer Jens-Peter Bentzin, der Vorsitzende des Presbyteriums. Um nun die Sanierung planen und Förderanträge bei verschiedenen öffentlichen, kirchlichen und privaten Denkmalschutzprogrammen stellen zu können, müssen durch Spenden und Kollekten zunächst mindestens 30.000 Euro gesammelt werden. „Alle Gemeindeglieder im Monschauer Land und alle Menschen, die sich der Evangelischen Kirche in Roetgen verbunden fühlen, bitten wir herzlich um Unterstützung“, sagt Bentzin. Verschiedene Spendenaktionen wie unter anderem ein Auftritt bei einem Kunstprojekt der Städteregion Aachen sind schon geplant.

Das Spendenkonto lautet: 2204030, BLZ 390500000, Sparkasse Aachen, Stichwort „Kirchendächer“