Freundeskreis kämpft erfolgreich gegen "beschämende Situation"

Asylbewerber sind aus der alten Schule in Broichweiden in drei Häuser an der Kaiserstraße umgezogen - Pfarrerin Alders engagiert sich im "Freundeskreis Jülicher Straße 24"

Die "neuen" Wohnungen sind in einem guten Zustand, frisch gestrichen, mit angemessen ausgestatteten Badezimmern und so vielen Zimmern, dass sich die meisten Bewohner über ein Minimum an Privatsphäre in einem gemeinsamen Raum zu zweit freuen können. "Die Wohnungen an der Kaiserstraße sind ein Qualitätssprung, das ist sicher", sagt Jürgen Hohlfeld, der sich für die Rechte der Asylbewerber im "Freundeskreis Jülicher Straße 24" engagiert. "Die Situation vorher war wirklich beschämend!"

Eine Mitstreiterin in dieser Initiative ist Pfarrerin Dorothea-Elisabeth Alders von der evangelischen Kirche in Vorweiden, in deren Nachbarschaft sich die bisherige städtische Flüchtlingsunterkunft befindet. Die Unterbringung in der alten Volksschule in Broichweiden war aufgrund der baulichen Mängel und des Zustands des Gebäudes unzumutbar und menschenunwürdig, wie zuletzt auch die Stadt Würselen bestätigte. Dass eine andere Wohnmöglichkeit für die mehr als 20 Männer, die dort leben mussten, gefunden werden konnte, ist zum großen Teil auch dem Engagement des "Freundeskreises" zu verdanken. Die letzten Bewohner der alten Schule werden in den nächsten Wochen noch umziehen.

Freundeskreis setzt sich für Verbesserung der Lebensumstände ein

Der Freundeskreis hatte sich seit März 2012 dafür eingesetzt, die Lebensumstände der Asylbewerber zu verbessern. Neben der evangelischen Pfarrerin Alders und Jürgen Hohlfeld engagieren sich in der Gruppe auch Hildegard Hüring, Hermann Hoch, Alfred Dubois und Hans Peter Clahsen. Öffentliche Treffen finden monatlich, jeweils am ersten Mittwoch, im Gemeindezentrum der evangelischen Kirche an der Jülicher Straße 109 in Vorweiden statt. Für die Asylbewerber sind Mitglieder des Kreises jeden Dienstag ab 18 Uhr dort zu sprechen. Zuletzt fanden die Treffen teils auch an und in der alten Schule statt, die seit 20 Jahren als städtische Unterkunft diente. In Zukunft werden Mitglieder des Freundeskreises in den Häusern an der Kaiserstraße ansprechbar sein. Geplant sind dort feste Sprechzeiten des Freundeskreises gemeinsam mit engagierten Bewohnern.

Die Umstände, unter denen die Menschen bisher in der alten Schule leben mussten, sind bedrückend und für Besucher kaum vorstellbar. Im Treppenhaus des Wohnheims informieren Schilder des Schädlingsbekämpfers über den Kakerlakenbefall des Gebäudes. Schimmel hat sich an den Wänden ausgebreitet. Mehrere Männer teilten sich die Zimmer und hatten notdürftig ihren kleinen Bereich mit Schränken, Vorhängen und großen Kartons abgegrenzt. Besonders schlimm waren die Zustände im Dachgeschoss, in dem fünf Männer sich in einem Raum hatten einrichten müssen.

Betroffene konnten über Wohngemeinschaften mitbestimmen

Die Bewohner der Unterkunft, die nun endlich in die drei Häuser an der oberen Kaiserstraße in Würselen umziehen konnten, kommen aus Guinea, Afghanistan, dem Iran, Sri Lanka, dem Kongo und anderen Ländern. Manche sind erst seit einigen Monaten hier in Deutschland, andere warten seit Jahren auf eine Entscheidung ihres Asylantrags. Für sie sind auch die neuen Unterkünfte keine Dauerlösung, denn diese Häuser sollen in zwei Jahren abgerissen werden. Aber immerhin: Sauberer Wohnraum mit sanitären Einrichtungen und einem Zimmer für nicht mehr als zwei Personen. Aufgrund der Gespräche des "Freundeskreises Jülicher Straße 24" mit der Stadtverwaltung konnte erreicht werden, dass die Bewohner selbst bei der Zusammensetzung der Wohngemeinschaften mitbestimmen konnten, so dass unterschiedliche Nationaliäten, Sprachen und Religionen berücksichtigt wurden.

Ausstellung und Einweihungsfeier zeigen Gestaltungswillen

"Viele dieser Menschen sind durch die Erlebnisse in ihrem Heimatland und die Flucht traumatisiert", weiß Pfarrerin Dorothea-Elisabeth Alders. "Für sie ist es besonders wichtig, nicht in Etagenbetten in überbelegten Räumen untergebracht zu sein, sondern zumindest ein Zimmer als eigenen Bereich zu haben." Mit den anderen Engagierten des Freundeskreises hat die Pfarrerin nun dafür gesorgt, dass in den Ladenlokalen im Erdgeschoss der Häuser an der Kaiserstraße die Ausstellung zur "Save me"-Kampagne von Amnesty International zu sehen ist, die auf Flüchtlingsschicksale aufmerksam macht. "Die Schaufenster sollen den Anwohnern, Geschäftsleuten und Passanten zeigen: Hier wird etwas gestaltet", sagt Alders.

Wenn schließlich alle Asylbewerber sowie auch Flüchtlinge, die aus Platzmangel vorübergehend in der der Obdachlosenunterkunft der Stadt in der Neustraße untergebracht waren und Familien aus einem weiteren Wohnheim an der Kreuzstraße in die Kaiserstraße umgezogen sind, soll dort ein großes Einweihungsfest gefeiert werden. Pfarrerin Alders: "Zurzeit bieten wir Flüchtlingen Kontakt, Gespräch und Unterstützung: Wir suchen Übersetzungshilfen für ihre Post von Ämtern, begleiten sie – wenn gewünscht – bei Behördengängen und unterstützen sie bei allerlei alltäglichen und praktischen Dingen des Umzugs, wo etwas fehlt." Geplant sei ein langfristiges Patenschaftsprojekt, in dem engagierte Bürger Asylbewerber eins zu eins betreuen. "Wer Interesse an unserer Arbeit hat, den Flüchtlingen ein Gegenüber bieten, ihnen helfen und sich bei uns engagieren will, wer gerne einen Menschen aus einem (meist) fernen Land kennen lernen und ihn in seinem Leben unterstützen will, ist jederzeit in unserem Kreis willkommen!"

  • Wer im "Freundeskreis Jülicher Straße 24" mitmachen und die Asylbewerber in Würselen unterstützen möchte, kann mit einer Mail an freundeskreis-juelicherstr24@gmx.net mit der Gruppe Kontakt aufnehmen