Schauspiel, Big Band, Mundorgel und Gebärdenchor

Vielfältiges Programm begeistert Besucher der Nacht der offenen Kirchen - Veranstaltung zieht auch beim 14. Mal wieder tausende Menschen an

Die "Nacht" begann in der Auferstehungskirche in diesem Jahr schon um 17 Uhr. Denn auch kleine Kinder sollten dort an der beliebten Veranstaltung teilnehmen können. Mit "Fredericks Farbentraum" hatte die Vorbereitungsgruppe um Musikschullehrerin Hanna Gründer und Sozialpädagogin Maritha Herrmann speziell für diesen Anlass ein Stück entwickelt, in dem die die Geschichte um die Maus Frederick in ein musikalisches Programm zum Mitmachen für Kinder umgewandelt wurde. Während die Musikschulkinder auch aus den Gruppen von Martina von Gemmeren, Melitta Wolf, Gertrudis Leson und Antje Rennert ihre Stücke vortrugen, konnten die Kinder aus dem Publikum unter anderem dabei helfen, aus Papierstreifen eine große Sonne zu legen.

"Mitmachen und Interaktion mit und zwischen den Besuchern ist bei uns immer die Absicht", erklärte Pfarrer Martin Obrikat von der Auferstehungskirche. Sowohl in der Veranstaltung für Kinder als auch am späteren Abend beim Stück der Jugendtanzkompanie "Jeunesse" in Kooperation mit der Kantorei der Auferstehungskirche, einem Gebärdenchor und einem Elternchor gehe es darum, gemeinsam etwas zu unternehmen, gemeinsam  etwas zu erleben und in der Kirche einen Begegnungsraum zu schaffen für Menschen, die sonst vielleicht nicht zusammengekommen wären.

Quatschlieder im Kirchraum

Lieder, die man sonst wohl eher selten im Kirchraum hört, schmetterten am frühen Abend hingegen die Besucher der Immanuelkirche an der Siegelallee. "Ein Mann, der sich Kolumbus nannt, wide-wide-witt, bum bum" sangen die rund 60 Gäste dabei mit ebenso viel Vergnügen wie "Bolle reiste jüngst zu Pfingsten". Alle Lieder, die Kantor Klaus van den Kerckhoff ausgewählt hatte, stammten aus der Liedersammlung "Die Mundorgel", die neben christlichen Liedern in ihrem Kapitel "Der Globus quietscht und eiert" auch eine Reihe von lustigen und Quatschliedern enthält. "Mit dieser Idee hat unser Kantor bei mir offene Türen eingerannt", sagte Pfarrer Redmer Studemund, der selbst natürlich mitsang. Die Lieder der Mundorgel seien allgemeines Kulturgut und auch heute noch generationenübergreifend bekannt, zum Beispiel weil die Kinder sie weiterhin bei den Pfadfindern lernten.

Mit der Resonanz zur Nacht der offenen Kirchen sei er sehr zufrieden, sagte Pfarrer Studemund. "Ich merke in meiner Gemeinde, die Leute freuen sich auf die Kirchennacht", meinte er. "Oft kommen auch Besucher aus anderen Gemeinden, von Monschau bis Baesweiler, viele aus unserer katholischen Nachbargemeinde St. Gregorius, oder andere, weil sie gezielt den Film sehen wollen, den wir nach dem Singen noch zeigen."

Die Friedenskirche rockt

Rockigere Töne erklangen in der Kirchennacht wieder in der Friedenskirche im Aachener Norden, in der Konzerte Aachener Gruppen zu diesem Anlass schon Tradition haben. Erstmalig war in diesem Jahr die "MuFab-Big Band" dabei, die mit 23 Musikerinnen und Musikern die Dimensionen der Bühne zwar sprengte, aber ein beeindruckendes Bild und ebensolches Klangerlebnis mit sich brachte. Zum Dritten Mal im Rahmen einer "Nacht der Offenen Kirchen" und zum vierten Mal in der Friedenskirche brachte die Band „Hôpital“ eine ihrer besten Darbietungen auf die Bühne. Erstmals mit dabei war Antonin am Cello, der dem bekannten Hôpital-Sound (Mareen Jopek Leadvocal, Thorge und Sunny Backgroundvocals, Cajon, Percussion, E-Akkustik-Gitarren, E-Bass, E-Piano) eine ganz neue Klangfarbe hinzufügte.

Das Trio „Öcher Band“ um die Sängerin Ulla Artz-Staerk (Contrabass, Akkustische Gitarre, Gesang) schaffte mit ihren Liedern, Chansons und Songs eine intensive und sehr persönliche Atmosphäre, die tief beeindruckte. Die letzte Band des Abends „Roadtrip Radio“ belebte dann die gute alte Rocktradition der Friedenskirche mit ihrem ersten öffentlichen Auftritt auf neue, frische Weise. "Bei Hôpital waren fast 200 Besucher im Kirchraum, am ganzen Abend insgesamt fast 500", freut sich Pfarrer Olaf Popien von der Friedenskirche. "Sehr schön war die gute Atmosphäre während des gesamten Abends. Obwohl das Publikum und die Musikdarbietungen sehr unterschiedlich waren, herrschte eine offene, fröhliche Stimmung."

Schülerzirkus Configurani in St. Jakob

Zirkus in der Kirche? Auch das gibt es in dieser besonderen Nacht: Der Schülerzirkus Configurani der evangelischen Viktoriaschule Aachen hatte sein Zelt am Altar von St. Jakob aufgeschlagen – als leisester Zirkus der Welt. In der Stille Freude zu finden, das war das Ziel der sieben Aufführungen. Applaus gab es in Gebärdensprache. Handys, Kameras sowie reden, tuscheln oder wispern waren hier nicht angesagt – dafür aber fühlte sich das Publikum wie zu Hause.

Gotteshäuser bis auf den letzten Platz gefüllt

Einen noch größeren Andrang an Besuchern erlebten die Annakirche und die ökumenische Citykirche St. Nikolaus in der Innenstadt. In der Citykirche an der Großkölnstraße begann der Abend mit Chormusik von „Carmina mundi“ unter der Leitung von Harald Nicoll. Die Aufführung „Und wie mag die Liebe zu Dir kommen sein?“ füllte das Gotteshaus bis auf den letzten Platz. Die Liebe, stark wie der Tod, Quelle schöpferischer Inspiration, überschäumendes Glück, ewige Sehnsucht, hartes Gesetz und Leidenschaft die leiden macht, war das Thema. Mona Creutzer und Annette Schmidt vom Theater K rezitierten dazu ausgewählte Gedichte, die musikalisch von Judith Konter an der Flöte und Marina Stricker am Klavier begleitet wurden. Ein Cross-over-Konzert mit „Dance of Joy“ und der Chor „Einklang“ bereicherten den restlichen Abend in der Citykirche. Ob junge Besucher, die sich an den musikalischen Klängen erfreuten und in kleinen Freundeskreisen und Grüppchen von Kirche zu Kirche zogen oder ältere Besucher, die sich einen einzelnen für sie interessanten Programmpunkt ausgewählt hatten – die Stimmung war anregend und von nachhaltigem Interesse.

"Jedermann" in der Annakirche

In der Annakirche bildete die Theateraufführung von „Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ den Auftakt und zugleich den Höhepunkt des Abends. Das Schauspiel nach Hugo von Hofmannsthal wurde aufgeführt vom Theater Ludus. Es ging um die Geschichte vom reichen Jedermann, der das Leben liebt. Aber: Jeder Mann muss sterben! „Das Theaterstück, das auch am ersten Abend der diesjährigen Heiligtumsfahrt präsentiert wurde, greift die Frage nach dem Tod auf, die uns alle angeht. Wir wollen dies in einem nicht bedrängenden Rahmen nutzen, um nachdenklich zu machen. Wir können nicht allumfassenden Antworten geben – aber Fragen wecken“, erklärte Pfarrer Armin Drack. Orgelmusik zur Nacht mit Klaus van den Kerkhoff bildete den Abschluss des anregenden Abends.

Ökumenisches Nachtgebet

Das traditionelle „Ökumenische Nachtgebet" in der Verantwortung der Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen (ACK) Aachen fand wieder in der Kirche St. Michael / Hagios Dimitrios statt. Gestaltet wurde es von Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff, Superintendent Hans-Peter Bruckhoff, Bischof Evmenios von Lefka, Vineyard-Gemeindeleiterin Birgit Schindler und dem evangelischen Pfarrer Armin Drack, dem Vorsitzenden der ACK. 

Die Kirchenvertreter gingen auf das Thema „100 Jahre Erster Weltkrieg“ ein und betonten, wie wichtig die Bewahrung des Friedens und der Schöpfung sei. „Dieses gemeinsame Gebet in der Gemeinschaft aller Konfessionen ist von Anfang an ein wichtiger Akzent der Kirchennacht“, betonte Superintendent Bruckhoff. Insgesamt sei die Veranstaltung ein großer Erfolg, da sie den Menschen die Vielfalt des Glaubens zeige und auch solche, die der Kirche sonst nicht so nahe stehen, von der Bandbreite der Angebote überzeuge. „Es ist toll, heute überall volle Kirchen zu erleben und auf der Straße über den Gottesdienst und die einzelnen Programmpunkte ins Gespräch zu kommen“, freute sich Bruckhoff, der überall auf interessierte Besucher traf. „Das ist Heiligtumsfahrtsatmosphäre konzentriert auf einen Abend“, brachte es Pfarrer Armin Drack auf den Punkt.

(Text: Caren Braun und Nina Krüsmann)

Infos zur 14. Nacht der offenen Kirchen gibt es auch unter www.nacht-der-kirchen.de .