Kooperationen, Fusion, Neubau?

Die evangelische Kirchengemeinde Herzogenrath will sich umstrukturieren – Nach einem im Februar verkündeten Grundsatzbeschluss zur Konzentration auf nur einen Standort ist die Diskussion jetzt wieder offen

Heizungsanlagen „fast im Urzustand“, sanierungsbedürftige Sanitäranlagen, nicht ausreichender Brandschutz, schadhafte Fassaden und mangelnde Wärmedämmung: Die Gebäude der evangelischen Kirchengemeinde Herzogenrath weisen einen beträchtlichen Investitionsbedarf auf. „Der geschätzte finanzielle Aufwand für Sanierungen an unseren Gebäuden in Herzogenrath-Mitte und in Kohlscheid liegt bei rund einer Million Euro für die kommenden zehn Jahre“, sagt Baukirchmeisterin Britta Rosen. „Derzeit erwirtschaften wir ein jährliches Defizit von 52.000 Euro. Noch können wir das mit der vorhandenen Ausgleichsrücklage auffangen, aber eins ist uns klar geworden: Für die Zukunft können wir die Gebäude nicht weiter so betreiben wie jetzt.“

Neuer Standort in der Gemeindemitte denkbar

Das Presbyterium hatte deshalb einen Grundsatzbeschluss gefasst, der auf einer Gemeindeversammlung im Februar dieses Jahres vorgestellt wurde. Beide bisherigen Zentren – das Lukas-Gemeindezentrum in Kohlscheid und das Gebäudeensemble der Markuskirche in Herzogenrath-Mitte – sollten verkauft werden. In der geografischen Mitte der Gemeinde, etwa in Straß oder Pannesheide, solle stattdessen ein neuer Standort aufgebaut werden.

Diskussionen um neue Alternativen

Inzwischen hat sich in der Gemeinde eine rege Diskussion über die Zukunftspläne entwickelt. Ende Juni waren alle Interessierten eingeladen, an einem Gemeindeworkshop teilzunehmen, der sich mit den strukturellen Überlegungen befasste. „Der Prozess bis dahin hat schon gezeigt, dass beide Gemeindebereiche grundsätzlich bereit wären, alles Bestehende zugunsten eines neuen Standortes aufzugeben“, berichtet Pfarrer Joachim Wehrenbrecht. „Aber inzwischen ist die Erkenntnis gewachsen, dass dieser Vorschlag vielleicht an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbeigeht.“ Der Diskussionsprozess sei deshalb wieder geöffnet worden und auch Alternativen würden ins Auge gefasst.

Mögliche Fusion mit Nachbarkirchengemeinde

So finden derzeit Gespräche mit der evangelischen Nachbarkirchengemeinde Merkstein statt, ob eine Fusion beider Gemeinden möglich und gewünscht sei. Weitere Gespräche führen die Presbyteriumsmitglieder mit den katholischen Nachbargemeinden St. Josef in Strass und St. Barbara in Pannesheide. Eine ökumenische Lösung könnte bedeuten, dass die katholischen und evangelischen Gemeinden bestimmte Gebäude gemeinsam nutzen, um die Konzentration auf einen Standort zu vermeiden und in den Stadtteilen präsent und leicht erreichbar zu bleiben. „Dieser Gedanke fand unter den Anwesenden des Workshops breite Zustimmung“, sagte Baukirchmeisterin Rosen. „Alle, die sich dazu geäußert haben, haben die Idee begrüßt.“

Neue Beschlüsse bis Ende des Jahres

Ob die Umstrukturierung schließlich in Kooperation mit anderen Kirchengemeinden oder allein geschehen soll, werden Gespräche mit allen Partnern bis Ende des Jahres ergeben. Dann soll ein neuer Grundsatzbeschluss gefasst werden, der das tatsächliche Vorgehen festlegt. Berücksichtigt werden dabei auch Überlegungen zur kommerziellen Nutzung des Gebäude- und Grundstücksbestands, die Einwerbung von Drittmitteln oder Contracting-Möglichkeiten.

Vorschläge der Gemeinde erwünscht

„Ich finde es wichtig, jetzt am Beginn unseres Weges Gespräche nach allen Seiten zu führen und alle Beteiligten einzubinden, die evangelische und die katholischen Nachbargemeinden ebenso wie den Kirchenkreis und auch das Landeskirchenamt“, sagt Britta Rosen.

Und Pfarrer Wehrenbrecht fügt hinzu: „Ich bin in dieser Phase der Entscheidungsfindung offen für Vorschläge und stelle das in Frage, von dem ich noch im Februar dachte, dass es die richtige Lösung sei – auch wenn es noch mal neu eine Herausforderung ist, die Unsicherheit auszuhalten.“ Wenn das Presbyterium bis zum Ende des Jahres einen Beschluss gefasst hat, sind dann für Anfang 2015 eine Gemeindeversammlung und neue Workshops geplant, um das endgültige Konzept vorzustellen und seine konkrete Ausgestaltung zu diskutieren.

(Text: C. Braun / Ev. Kirchenkreis Aachen)