Gottes Menschwerdung geschieht überall auf der Welt

Superintendent Hans-Peter Bruckhoff: Weihnachten hält die Menschlichkeit in uns wach - Zuversichtlich die Weihnachtsbotschaft annehmen

Wie viel Menschlichkeit können wir noch zulassen in unserem Leben? Unser politisches, gesellschaftliches und wirtschaftliches Miteinander wird zunehmend bestimmt von Marktgesetzen und Sachzwängen, von Vorteilsnahme und Absicherung und begrenzt und verhindert unsere ursprüngliche, ganzheitliche und elementare Mitmenschlichkeit.

Der weltweite Verteilungskampf um Ressourcen, geostrategische Überlegungen, wo es für ganze Glaubensgemeinschaften und Bevölkerungsgruppen ums nackte Überleben geht, und die Eskalation von Fundamentalismus, Terror und Krieg mit der Folge menschlicher Katastrophen führen zum Anwachsen der Flüchtlingsströme.

Wie abgebrüht muss eine Gesellschaft sein, wenn in diesem Jahr zu Halloween eine Verkleidung als Ebola-Virus der letzte Schrei ist?

Wie viel Menschlichkeit können wir uns da noch leisten? Mit dieser Frage wird angesichts des Massenelends in vielen Ländern und Regionen unserer Erde, an dem wir strukturell nicht unschuldig sind, Stimmung gemacht in unserem Land.

Die Botschaft von Weihnachten spricht radikal in diese Situation hinein und rüttelt uns wach, wenn wir sie noch vernehmen können.

Der Künstler aus Sambia hat keine Idylle von Bethlehem gemalt. Gottes Menschwerdung – das will er mit seinem Weihnachtsbild vermitteln – geschieht überall auf der Welt. Gott gibt sich heute in unsere Hände. Er begibt sich hinein in unsere Unsicherheit und Angst, in Situationen von Not und Krankheit, von Krieg, Flucht und Chaos.

Der Blick und die Haltung der jungen Frau, Maria, zeigen Staunen und Ehrfurcht vor diesem neuen geschenkten Leben – und vom Kind geht ein Leuchten aus und erreicht auch die Menschen am Rand, die kein Gesicht zeigen und anonym im Hintergrund bleiben.

Weihnachten stellt diese Frage an uns: wie viel Menschlichkeit lebt in Dir und bestimmt Dich in Deinem persönlichen, beruflichen und politischen Leben? Weihnachten hält die Menschlichkeit in uns wach, weil Gott selbst Mensch wurde.

Engagement für Flüchtlinge im Sinne der Menschlichkeit

In der Flüchtlingsarbeit haben wir uns auch im Kirchenkreis Aachen und in unseren Gemeinden auf eine stärkere Vernetzung unserer Aktionen verständigt. Neben der hauptamtlich unterstützten Flüchtlingsarbeit in der Kirchengemeinde Herzogenrath, die auch Unterkunft für Flüchtlinge bereit stellt, entsteht in Kornelimünster-Zweifall eine besondere Arbeit mit minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen. An vielen Stellen in unseren Gemeinden engagieren sich Menschen ganz elementar im Sinne der Menschlichkeit für Flüchtlinge und begleiten sie in ihrem Alltag.

Gott selbst kommt uns menschlich nahe und gibt sich ungeschützt in unsere Hände. Zugleich wird in diesem Kind das Antlitz der Erde verwandelt. Deshalb können wir getrost und zuversichtlich diese Weihnachtsbotschaft annehmen für uns und nach den Möglichkeiten, die uns gegeben sind, hineinleben in unseren Alltag.

Ich bin auch in diesem Jahr dankbar für viele Begegnungen und erfahrene Weggemeinschaft mit Menschen innerhalb und außerhalb unserer Kirche, mit Vereinen, Aktionsbündnissen, Gruppen und Kreisen, die je nach Thema und Zielgruppe verschieden die eine gemeinsame Frage nach dem menschlichen Antlitz unserer Gesellschaft wachhalten und durch ihre Tätigkeit eine überzeugende Antwort geben.

Ich wünsche uns allen den weihnachtlichen Frieden, der aus Feinden Mitmenschen macht und aus Siegern und Verlierern Beschenkte werden lässt. Ich grüße Sie und Euch herzlich

Hans-Peter Bruckhoff

(Superintendent)