"Kullener Helferhände" verbessern die Atmosphäre im Stadtteil

Junge Initiative ist ein Projekt der Offenen Tür Gut Kullen - Violette Westen als Erkennungszeichen

Die violetten Westen sind das Erkennungszeichen der „Kullener Helferhände“. Jan Laufer, Ann Katrin Klaus, Sylvia und Wioleta Trzesimiech, Jessica Wojcik, Karolin Janßen, Julian Ahrendt, Lukas Mardak und Natalia Getman bilden diese Junge Initiative, die ein Projekt der Offenen Tür (OT) Gut Kullen der Evangelischen Kirchengemeinde Aachen ist. Um die Atmosphäre im Stadtteil zu verbessern, gehen die neun Ehrenamtlichen im Alter von 17 bis 27 Jahren wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße. In Teams, ausgestattet mit lila Westen und Rucksack, suchen sie Spielplätze und Grünanlagen auf, sprechen mit Jugendlichen vor dem Supermarkt und helfen, wo sie gebraucht werden.

„Dabei handelt es sich um ein Pilotprojekt zur Verbesserung des sozialen Klimas im Stadtviertel. Es ist als ehrenamtlich getragener „Sozialer Erste Hilfe Dienst“ konzipiert und will eine bestehende Lücke schließen“, erklärt OT-Leiter Ulrich Grande. Er lobt das enorme Potenzial des Projekts und der jungen Menschen, die hier den Alltag aktiv gestalten und neben Schule, Studium, Ausbildung und Beruf aktiv sind. „Die Helferhände haben sich in den vergangenen anderthalb Jahren enorm entwickelt und möchten und an die Öffentlichkeit gehen. Diese Form aufsuchender mobiler Arbeit ist für den Stadtteil mit schlechter Infrastruktur und mangelnden Kommunikationsmöglichkeiten ein großer Gewinn“, betont Grande. In der Außenwirkung würden die jungen Leute zudem die Ziele und Werte des Hauses vertreten und damit hoffentlich auch neue Kinder und Jugendliche in die OT locken. Menschen aus 80 Nationen leben in dem Viertel mit hoher Fluktuation und viel Anonymität. Es gelte Berührungsängste abzubauen und das neue Hilfsangebot bekannt zu machen.

Angesiedelt ist das Projekt im Kinder- und Jugendzentrum "OT Kullen" der Evangelischen Kirchengemeinde Aachen im Aachener Westen. Es wird von Ehrenamtlichen umgesetzt, die sich für ihren Sozialraum engagieren. Hauptberufliche Pädagogen unterstützen und begleiten das Team im Rahmen der Tätigkeit der OT. Dies geschieht in Form von Beratung, Reflexion und Weiterbildung, auch mit externen Referenten. Die Weiterentwicklung des Projekts ist das große Ziel aller Beteiligten. Die jungen Leute möchten damit etwas zurückgeben, was sie selbst in der OT erfahren haben. Alle Ehrenamtler sind ehemalige Besucher der OT, die gemeinsam mit den Hauptamtlichen arbeiten.

Ehrenamtler bringen ihre persönliche Geschichte ein

Jeder der ehrenamtlichen Jugendlichen und junge Erwachsenen hat seine eigene Geschichte im Stadtteil und einen guten Grund, warum er oder sie bei den Helferhänden mitmacht. Abiturient Jan Laufer stammt ursprünglich aus Halle an der Saale und fand in der OT vor acht Jahren die erste Anlaufstelle nach seinem Umzug nach Aachen. Die 21-jährige Ann Katrin Klaus ist im Viertel geboren, ist derzeit Pflegefachkraft in einem Altenheim, arbeitet demnächst als Krankenschwester. Seit ihrem sechsten Lebensjahr besucht sie die OT. Auch die beiden 26-jährigen Zwillinge Sylvia und Wioleta Trzesimiech sind tief in der Einrichtung verwurzelt, gehen hier seit knapp 20 Jahren ein und aus, seit rund zehn Jahren im Ehrenamt. Sylwia ist Kinderpflegerin und studiert Soziale Arbeit. Wioleta hat sogar ein Praktikum in der OT gemacht, studiert nun Zahnmedizin und bringt wie ihre Schwester Erfahrung als junge Mutter ein. Jessica Wojcik ist Psychologiestudentin, hat die OT seit sie vor sieben Jahren ins Viertel zog als große Bereicherung erfahren. Menschen in Not auch außerhalb ihres Dienstes zu helfen, ist für Karolin Janßen eine Selbstverständlichkeit. Die Motivation der 18-Jährigen ist es zu helfen, sie hat ein Gespür für die kleinen und großen Nöte ihrer Mitmenschen. Über die Ferienspiele und eine spätere Tätigkeit als Helferin lernte sie die OT kennen, macht nun eine Ausbildung zur Erzieherin.

„Die Ehrenamtler haben einen anderen Blick, sie helfen nicht erst, wenn der Finger bereits blutet“, betont der Viersener Jirka Bükow. Er unterstützt das Projekt in seiner Funktion als Trainer und Therapeut für systemische Gewaltprävention. Bereits 1995 habe es ein entsprechendes Projekt im Bezirk Mönchengladbach gegeben. „Die Idee ist, dass Hauptamtliche wie Notärzte, sogenannte Tröster in den Grundschulen, Streitschlichter, Schulsozialarbeiter und Polizisten oft mit dem Gewaltproblem konfrontiert werden. Es geht um eine Kombination der Streitschlichtung und der physischen Ersten Hilfe und darum, individuelle Lösungen zu finden“, erklärt Jirka Bükow die Idee der Gewaltvorbeugung. Menschen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen sei der Kern. Die Initiative ergänzt bestehende Angebote und wurde in diesem Jahr bereits als bestes Jugendhilfeprojekt 2015 in Viersen ausgezeichnet.

Neue Unterstützer können noch mitmachen

Michael Sarasa, Erzieher in der OT Gut Kullen, freut sich über das Engagement seiner Schützlinge: „Solch ein Projekt nicht nur in der Schule belassen, sondern die aufsuchende, nicht abwartende Form der Hilfe auch in den Stadtteil und damit in die Gemeinde transportieren ist fantastisch.“ Die Arbeit der jungen Leute erhöhe den Radius der Wirksamkeit im Stadtteil. Auch der Jugendreferent des Kirchenkreises Aachen Axel Büker sieht in dem Projekt eine große Chance: "Das Konzept des sozialen Hilfsdienstes auf einen Stadtteil zu übertragen, bedeutet für mich, Kirche zu den Menschen bringen", sagte er. Als evangelische Einrichtung leiste das die OT Kullen mit ihren Ehrenamtlichen schon seit Jahren in hervorragender Weise. Die „Kullener Helferhände“ seien die sinnvolle Fortsetzung dieser Arbeit.

Die Initiative „Kullener Helferhände“ freut sich jederzeit über neue Unterstützer, die zur Weiterentwicklung der Idee beitragen. Die Voraussetzungen um mitzumachen sind denkbar einfach. Das Mindestalter beträgt 16 Jahre und ist nach oben unbeschränkt. Hilfreich, aber nicht notwendig, ist der Besitz der Jugendleiter-Card. Vor allem aber braucht es Fingerspitzengefühl für die Menschen im Viertel und eine Portion Lebenserfahrung.

Informationen gibt es in der Offenen Tür Gut Kullen am Philipp-Neri-Weg 4 in Aachen gibt es unter Telefon 0241/84536.



(Text und Bilder: Nina Krüsmann)