Begegnung in Monschau – Trommeln und Feiern inklusive

Zum dritten Mal fand in den Herbstferien die Begegnungswoche zwischen Jugendlichen der Region und jungen Flüchtlingen statt – samt Ausflügen, Filmabenden, Sportaktivitäten und selbstgekochtem Essen. Am letzten Abend gab es eine große Abschlussparty

Ganz still ist es am Donnerstagmittag im Jugendhaus Monschau. Merkwürdig, denn dort sollte doch eine Ferienfreizeit mit fast 30 Kindern und Jugendlichen stattfinden. Aber kaum etwas ist zu hören oder zu sehen; die Flure sind leer. Doch dann wird klar, warum: In der Begegnungswoche zwischen Jugendlichen der Region Aachen und Jugendlichen auf der Flucht machen die Teilnehmer gerade einen Mittagsschlaf, um neue Kraft für den Abend zu tanken. Denn abends wollen die Kinder und jungen Erwachsenen die Abschlussparty der aufregenden Woche feiern - mit Grillen, Musik und einem Verkleidung-Fotoshooting.

In der ersten Herbstferienwoche fand zum dritten Mal die Ferienfreizeit „Grenzerfahrung“ in Monschau statt. Dabei sind dieses Mal 26 jugendliche Teilnehmer, fünf Betreuer vom pädagogischen Team des Zentrums für soziale Arbeit und Jugendreferatsleiter Axel Büker vom Evangelischen Kirchenkreis Aachen. Als nach dem Mittagsschlaf alle aufgewacht sind, verändert sich die Stimmung im Jugendhaus komplett: Sofort beginnt ein Singen, Lachen, Tanzen und Klavier spielen.

Viele Jugendliche haben hier ein unüberhörbares Hobby: Das Trommeln. Einige Trommeln stehen auch verteilt im Jugendhaus herum und alle benutzen sie, egal ob sie einen Takt spielen oder einfach wild drauf los trommeln. Leise ist es jetzt nicht mehr.

Die jungen Menschen zwischen zehn und siebzehn Jahren sind gut drauf und haben eine Menge zu erzählen. Die Woche über haben sie schon viel erlebt, so waren sie am vorherigen Tag zusammen schwimmen, es gab Filmabende und Stadttouren durch Monschau. Fast alle sind sich einig, was am besten war: „Heute Morgen haben wir Soccerball gespielt und sind in metergroße Plastikkugeln rein geklettert und haben dann damit Fußball gespielt und durften versuchen, uns umzuschubsen!“ erzählt Zainullah, 17, der gerne noch länger hier bleiben würde: „Das war super geil alles!“.

Die Woche wurde von den Jugendlichen selber geplant

Den Ablauf der Woche konnten die Teilnehmer größtenteils selbst gestalten: Es wurde gemeinsam überlegt und abgestimmt, zu welchen Zeiten es Frühstück, Mittag- und Abendessen gibt und wann Bettruhe sein soll. Geeinigt haben sie sich auf die entspannten Zeiten von Frühstück um 9 Uhr, Mittagessen um 13:30 Uhr, 19 Uhr Abendessen sowie 23:30 Uhr Bettruhe.

Wichtige Punkte für das Miteinander wurden ebenfalls schnell festgelegt: „Wir lassen einander ausreden“ hängt als Regel an der Wand oder „Kein Mobbing“, „kein Stress“, „Freundlich sein“ und „Respekt!“. Meistens wurde sich auch an diese Regeln gehalten, sagt Betreuerin Lena, 26. Sie ist Sozialarbeiterin und als Ferienfahrtbegleitung mit nach Monschau gekommen. Die Jugendlichen kommen aus verschiedenen Gruppen, die meisten entweder aus den Heimen in Kornelimünster-Zweifall oder Aachen-Burtscheid, erklärt sie. „Natürlich gab es da schon mal Streitigkeiten, aber hier ist auf jeden Fall auch eine Gemeinschaft entstanden, es sind keine kleinen Gruppen mehr sondern alle sind zusammen gewachsen“.

Auf gegenseitigen Respekt wird hier großen Wert gelegt, gerade, da häufiger Missverständnisse auf Grund von verschiedenen Sprachen oder Normen entstehen können. Sami, 17, sieht das ganze locker: „Streit gab es hier eigentlich gar nicht, die Betreuer sind auch sehr nett und lassen uns viel machen.“ Genau wie andere Jugendliche plant er im Moment seine Zukunft. Er möchte sich gerne in Mechernich ein Auto kaufen, um flexibler zu sein und seine Hobbies Fußball, Volleyball und Hip-Hop besser unter einen Hut zu bekommen. Außerdem möchte er die Schule fertig machen und dann „etwas Gutes werden“.

Die Vorbereitungen laufen

Damit das Grillfest heute Abend gut klappen kann, muss viel getan werden und alle helfen dabei: Einige decken den Tisch, andere helfen bei der Musik, räumen auf, tragen Essen in den Essensraum und die Kochgruppe bereitet das Grillfleisch sowie Salate vor. Die 13 Jahre alte Zayneb erzählt: „Kochen finde ich super, auch wenn ich meistens nur das Gemüse schneide, aber das macht mir echt Spaß!“ Die junge Irakerin ist mit ihrem kleinen Bruder bei den Ferienspielen in Monschau und ist eine von nur zwei weiblichen Teilnehmern dieses Jahr. „Das ist aber gar nicht schlimm, ich flechte den Jungs oft die Haare oder zeichne ihre Gesichter. Ich muss auch oft lachen, weil alle so lustig sind, wir sind alle Freunde geworden hier“, berichtet sie grinsend und zeigt Fotos von schicken Flechtfrisuren, welche sie den Jungen gemacht hat. Auf weiteren Fotos sieht man Zayneb mit den Anderen in die Kamera lachen, beim Tischtennis, Fußball oder einfach nur beim Entspannen. Die Stimmung scheint locker und entspannt.

Zu Zaynebs Lieblingsaktivitäten zählen neben Malen und Singen das Tischtennis spielen. Sie ist richtig gut in dieser Woche geworden, doch der beste Spieler hier sei neben Betreuer Lutz der siebzehnjährige Mehdi. „Ich bin nur hier gut im Tischtennis irgendwie, eigentlich koche ich viel lieber und besser“ erzählt dieser. Gestern hat er mit ein paar anderen für die Gruppe afghanisch gekocht, das Gericht hatte zwar keinen Namen, bestand aber aus Reis und Hühnchen mit Gewürzen, von den Bekochten gab es nur positives Feedback. Mehdi plant, sich nach der Begegnungswoche wieder auf die Schule zu konzentrieren und sein Abitur auf der Fachhochschule zu machen. Anschließend möchte er Software-Engineering studieren und IT-Fachmann werden. „Ich bin hier ein glücklicherer Mensch“, erzählt er, „nur manchmal ist esanstrengend, wenn ich Ruhe brauche und alle dauernd so laut sind.“

Überraschend wenig Deutsche haben sich angemeldet

Auch Jugendreferent Axel Büker, der das Projekt nun schon zum dritten Mal auf die Beine gestellt hat, erzählt: „diese Seminare sind die lautesten, die ich je mitgemacht habe, aber es ist eben eine bunt gemischte Gruppe, die bei Festen und Feiern gerne trommelt“. Er findet es gut, dass ganz verschiedene Typen von Jugendlichen bei der Begegnungswoche dabei sind, einige laut, andere leise. Die meisten von ihnen sind unbegleitet in Deutschland und wollen nun Kontakte knüpfen und richtig ankommen. Schade findet Axel Büker, dass sich so wenig deutsche Jugendliche zum Austausch angemeldet haben: Dieses Jahr war neben den Betreuern nur ein weiteres deutsches Mädchen dabei. „Vielleicht ist das Angebot nicht ganz bei den Jugendlichen der Region angekommen“ überlegt Axel Büker. Auch wenn einige Kennenlern- und Anknüpfoptionen für die jungen Flüchtlinge dadurch etwas kürzer gekommen sind, war es trotzdem eine „schöne, spaßige und laute Woche“.

Lasset die Party beginnen

Nachdem die Kinder und Erwachsenen alles aufgebaut haben, kann die Party endlich anfangen: In einem Raum haben die Betreuer viele verschiedene Verkleidungen ausgebreitet. Vor einer einfarbigen Wand können die verkleideten Jugendlichen dann posieren und Fotos von sich machen lassen. Die Idee kommt super an, bald haben fast alle bunte Brillen oder Hüte auf, es gibt Hula-Röcke und den dazugehörigen Bauchtanz. Alle möchten Fotos machen, der Spaß ist jedem anzusehen. Am beliebtesten ist der knallgrüne Ganzkörperanzug mit einem Kopf in Brokkoli-Form. Die Jugendlichen jauchzen und wetteifern um das beste Kostüm. Es läuft arabische und amerikanische Musik und viele zeigen verrückte Tänze und singen, während sie ihre Kostüme präsentieren. Nebenbei wird Tischtennis oder Halli-Galli, ein spannendes Kartenspiel, gespielt. Viele Selfies zeugen am Ende von einer gelungen Party.

Auch als einige Zeit später das Essen fertig vom Grill kommt, setzen sich viele Jugendliche samt ihrer Verkleidung auf die umstehenden Stühle, bedienen sich am Buffet und genießen die selbstgemachten Burger. Wer gerade keinen freien Stuhl mehr findet, setzt sich eben auf den Boden, die Plätze ändern sich sowieso dauernd mit wechselndem Gesprächspartner. Betreuerin Carmen ruft vom Grill den Kindern zu, ob sie Schweine- oder Hähnchenfleisch auf ihren Burger wollen, jemand ruft zurück „Katzenfleisch!“, alle lachen. Nach dem Essen formt Eshaq, 16, seine Finger in das „Perfekt“-Zeichen und lässt jeden wissen: „Das Essen ist sehr sehr gut, die Feier auch!" Falsch verstehen kann man da nichts.

Ein Kennen-Lernen und Voneinander-Lernen

In dieser Woche haben die Jugendlichen eine Menge gelernt: Nicht nur neue Kontakte konnten geknüpft werden, auch Rezepte wurden ausgetauscht, Tischtennis-Tricks beigebracht und Musik geübt. Faisal kann jetzt ein bisschen Gitarre spielen und Zayneb ist richtig gut in Tischtennis geworden. Nächstes Jahr will sie, so wie viele andere auch, unbedingt wiederkommen. Wünschen würde sie sich dafür einzig, „dass noch ein paar mehr Mädchen kommen, mit denen ich auch mal was machen kann."

Text: Miriam Wilms