Kirchenkreise Aachen und Jülich arbeiten an denselben Themen

Gemeinsame Sitzung der Kreissynodalvorstände in Broichweiden

Der Aachener Superintendent Hans-Peter Bruckhoff begrüßte die KSV-Mitglieder aus den Kirchenkreisen Aachen und Jülich zur inzwischen traditionellen gemeinsamen Sitzung, in diesem Jahr wieder im Gemeindezentrum Broichweiden.

Reformation – Geschichte der Sieger?

Pfarrer Jens-Peter Bentzin eröffnete die gemeinsame Sitzung mit einer Andacht zum Thema „Scheitern“. Er stellte zwei Zugänge zum Thema vor: Zum einen Thomas von Imbroich, geboren in Imgenbroich, der am 5. März 1558 als eine führende Persönlichkeit der rheinländischen Mennoniten in Köln hingerichtet/ermordet wurde; die von ihm vertretene Richtung der Reformation gehörte offensichtlich zu den Verlierern. Zum anderen einen Professor aus Princeton, der einen „Lebenslauf seiner gescheiterten Bemühungen“ (vergebliche Bewerbungen etc.) verfasst hat. Beide Beispiele zeigen: Im Normalfall schaffen wir Menschen nicht das, was wir uns vornehmen. Das Christentum blicke auf die Ostergeschichte als eine Geschichte des Scheiterns im Tod Jesu am Kreuz. Die Ambivalenz von Kreuz und Auferstehung mache das Leben und den Glauben der Christinnen und Christen im Kern aus. Gottes Barmherzigkeit aber gelte in aller Bruchstückhaftigkeit des Lebens. Zur Reformationsgeschichte gehören, so der Monschauer Pfarrer, eben nicht nur die „Sieger“, also Martin Luther, Johannes Calvin, Ulrich Zwingli und andere bekannte Größen, sondern eben auch die vermeintlichen Verlierer wie die Täufer oder eben auch der Mennonit Thomas von Imbroich.

Reformation – ein großes Jubiläum wirft seine Schatten voraus

Die vier Kirchenkreise Aachen, Gladbach-Neuss, Jülich und Krefeld-Viersen bereiten bekanntlich gemeinsam das Jubiläum „500 Jahre Reformation“ im kommenden Jahr vor. Zu diesem Zweck wurde eine Geschäftsführung eingesetzt: Pfarrerin Friederike Lambrich aus Meerbusch und Pfarrer Jens-Peter Bentzin aus Monschau. Zusammen mit einer Steuerungsgruppe, bestehend aus den vier Superintendenten und weiteren Delegierten der „Kleeblatt“-Kirchenkreise sowie Pfarrerin Frauke Laaser vom Gemeindedienst für Mission und Ökumene (GMÖ), werden drei Großprojekte vorbereitet, für die jeweils wieder eine eigene Arbeitsgruppe zuständig ist.
Jens Peter Bentzin, Mitglied der Geschäftsführung der Steuerungsgruppe Reformationsjubiläum 2017, berichtete vom Stand der Planungen/Vorbereitungen.
Bekanntlich gebe es die drei großen gemeinsamen Projekte: Pilgerweg durch die vier Kirchenkreise (beginnend in Krefeld am 30. Oktober 2016 und endend im Oktober 2017), die Reformationssynode am 1. und 2. September 2017 in der Hauptkirche Mönchengladbach-Rheydt (unter Mitwirkung von Prof. Dr. Renè Krüger aus Buenos Aires) und das Fest der Begegnung am 10. September 2017 im Brückenkopfpark Jülich.

Die von den vier Kirchenkreisen geschaffenen Strukturen für die Vorbereitung des Reformationsjubiläums funktionieren. In der Steuerungsgruppe sowie den drei Arbeitsgruppen „Pilgerweg“, „Synode“ und „Fest der Begegnung“ habe gegenseitiges Kennenlernen zu gewachsenem Vertrauen geführt. Der Gemeindedienst für Mission und Ökumene in Gestalt von Pfarrerin Frauke Laaser sei äußerst fruchtbringend in die Arbeit eingebunden.

Die Informationsveranstaltungen in den einzelnen Kirchenkreisen zur Beteiligung am Fest der Begegnung hätten gezeigt, dass es großes Interesse an der Mitgestaltung gebe. 

Es habe sich bewährt, dass das Verwaltungsamt des Kirchenkreises Jülich die gesamte Administration der Vorbereitungen für 2017 übernommen habe. Die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung (Pfarrerin Friederike Lambrich und Pfarrer Jens-Peter Bentzin) funktioniere reibungslos und unkompliziert.

Nach dem Ende der Reformationsfeierlichkeiten werde es eine Auswertung geben.

Schon jetzt sei deutlich: Das Reformationsjubiläum werde auch über 2017 hinaus in den vier beteiligten Kirchenkreises wirken. Gemeinsame Themen würden ganz sicher nicht ausgehen.

Flüchtlinge – gemeinsames Thema und verschiedene Arbeitsweisen

Pfarrer Martin Obrikat berichtete von einem Projekt der Stiftung Kirche und Diakonie im Kirchenkreis Aachen. Man habe 100 Lizenzen eines PC-Sprachunterrichtes gekauft. Diese Selbstlernsoftware arbeite ohne Übersetzung. Eine gute Spracherkennung sei die Grundlage für ein System, bei dem die/der Lernende mit der Software redet und ggf. von dieser korrigiert wird. So werde selbstverantwortetes Lernen auf Augenhöhe ermöglicht. Auch Frauen reagierten sehr positiv auf diese Möglichkeit, die im gesamten Kirchenkreis an gezielten Orten eingesetzt werde.
Insgesamt werde die Flüchtlingsarbeit im Kirchenkreis Aachen vor allem durch ehrenamtlich Mitarbeitende getragen, Hauptamtliche würden eher dosiert, vor allem in der Koordination der Arbeit, eingesetzt. In den Gemeinden des Kirchenkreises gebe es viel Engagement.

Superintendent Jens Sannig berichtete: Im Kirchenkreis Jülich würden die Ehrenamtlichen durch die Caritas begleitet. Das kreiskirchliche Diakonische Werk mit seiner Migrations- und Flüchtlingsberatung stocke sein Stellenkontingent um 2,5 Stellen auf dann 10,5 Stellen plus die Stelle für eine Verwaltungskraft auf. (Darüber hinaus unterhalte das Diakonische Werk der Evangelischen Gemeinde zu Düren eine eigene Struktur.) Die Mittel für die Aufstockung seien zunächst für 1 Jahr bereit gestellt, die Stellen aber für 18 Monate bis Ende 2017 besetzt.

Der Kirchenkreis leiste flächendeckend hauptamtliche Beratung für Flüchtlinge. Kaum zu leisten sei die dringend erforderliche und zahlenmäßig zunehmende Beratung unbegleiteter Minderjähriger.

Für beide Kirchenkreise gilt, was in der Flüchtlingsarbeit Aktive berichten: Die Flüchtlingszahlen werden wieder steigen! Eine Problemanzeige: es gebe zunehmend frustrierte Flüchtlinge und infolgedessen auch zunehmend frustrierte Helfer. Gründe seien u.a.: Anhörungen fänden nicht statt, der Familiennachzug funktioniere nicht und vieles andere mehr. Daraus ergebe sich als aktuelle Hauptaufgabe, Helfer und Flüchtlinge zum Durchhalten zu ermutigen gegen die aktuellen Tendenzen der Politik.

Da Kirchenasyle zunehmend in Bedrängnis gerieten, sei hier die Kirchenleitung resp. der Präses gefragt. Im Übrigen dürfe nicht aus dem Blick geraten, dass die Diakonie auch in der Sozial- und Familienberatung mit Flüchtlingen und ihren Problemen in Kontakt komme; und nicht zuletzt seien auch die Kindertagesstätten mit dem Andrang von Flüchtlingskindern überfordert.

Schließlich wurde hingewiesen auf den aktuellen Appell der Euregionalen Flüchtlingsplattform, der am Freitag, dem 3. Juni um 18.00 Uhr in einem Abendgottesdienst der Öffentlichkeit vorgestellt werde. Der Ort in Aachen werde noch bekannt gegeben.

Gemeinsame Themen – gemeinsame Zukunft

Auf der Tagesordnung standen des Weiteren Themen wie die Rechnungsprüfung in der Evangelischen Kirche im Rheinland, aber auch Vorbereitungen zu den Wahlen bei der kommenden rheinischen Landessynode im Januar 2017 oder auch Fragen des Datenschutzes. In allen anstehenden Fragen war deutlich: Die beiden Kirchenkreise werden gemeinsam beraten, gemeinsam nach Lösungen suchen. Angesichts des zu erwartenden Mitgliederschwundes der Kirchen ist diese Art der guten und fruchtbaren Zusammenarbeit das Modell der Zukunft, das die Kirchenkreise Aachen und Jülich schon heute praktizieren.
Als der Aachener Superintendent nach zwei Stunden die gemeinsame Sitzung beendete, lagen intensive und gute Gespräche hinter den Beteiligten. Und Presbyterin und KSV-Mitglied Susanne Degenhardt hatte hervorragend für das leibliche Wohl gesorgt.

(Text und Fotos: Johannes de Kleine / Kirchenkreis Jülich)