Andenken an die Hilflosesten - Kinder, die auf der Flucht starben

Zweiter Aachener Gedenkgottesdienst für gestorbene Flüchtlinge - "Unsere Augen öffnen für die Lebenden"

Das Bild ging vor zwei Jahren um die Welt: Polizisten bargen an einem Strand an der türkischen Küste den leblosen Körper des dreijährigen Jungen Aylan Kurdi. Es sind Bilder wie dieses, die den anonymen Zahlen ein Gesicht geben und das Schicksal dieser Menschen auf einmal ganz nah heranholen. Bilder wie dieses lassen auch die Organisatoren des Gedenkgottesdienstes für geflüchtete Menschen nicht mehr los. „Kinder sind die Schwächsten und Hilflosesten“, sagt Kerstin Birke-Glaser von der Gemeinschaft Sant’Egidio.

Pfarrerin Bettina Donath-Kress, Vertreterin der Ev. Kirchengemeinde Aachen im ökumenischen Arbeitskreis für Bestattungskultur, sieht die christliche Verantwortung in der Nachfolge Jesu, an die vielen Tausenden zu denken, die ihre Flucht mit dem Leben bezahlten. Sie erinnert auch an die Menschen, die gerade auf ihrer Flucht großen Gefahren ausgesetzt sind: „Es geht darum, unsere Augen für die Lebenden zu öffnen.“

2017 starben bisher 2000 Menschen auf der Flucht

Im vergangenen Jahr luden der ökumenische Arbeitskreis für Bestattungskultur in Aachen und die Gemeinschaft Sant’Egidio zum ersten Mal in die Aachener Grabeskirche ein, um den Menschen zu gedenken, für die ihre Reise der Hoffnung nicht zu einem guten Ende kam. „Ich hätte mich sehr gefreut, es wäre nicht nötig gewesen, wieder zu einem Gottesdienst einzuladen“, sagte die katholische Pastoralreferentin Gabriele Eichelmann vom Arbeitskreis Bestattungskultur in ihrer Begrüßung. „Aber wer täglich die Zeitung aufschlägt, weiß, wie naiv dieser Wunsch ist.“

Allein in der ersten Jahreshälfte 2017 fanden 1.985 Menschen bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, den Tod. Ende 2016 erreichten die Zahlen einen traurigen Höhepunkt: 65,6 Millionen Menschen sind laut UN-Flüchtlingswerk auf der Flucht. Dass gerade Kinder und Jugendliche besonderen Schutz brauchen, daran erinnerte Schirmherrin Sabine Verheyen, für die CDU Mitglied im Europaparlament. „Wir dürfen bei allen eigenen Sorgen nicht aus den Augen verlieren, dass der Großteil dieser Menschen flieht, weil ihr Leben bedroht ist.“ Für die Unterstützung dieser Menschen brauche es ein starkes Europa der Solidarität und Nächstenliebe. Sie wiederholte noch einmal eine Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Europa ist eine Wertegemeinschaft und als solche eine Rechts- und Verantwortungsgemeinschaft“. Dompropst Manfred von Holtum bezog sich in der Auslegung auf die Kindheitsgeschichte des Mose. Sie stehe symbolisch dafür, wie eine vermeintlich hoffnungslose Reise zum Guten gewendet werde.

Lernen, nicht wegzusehen

Das Gebet sprach Superintendent Hans-Peter Bruckhoff: „Wir wissen nicht, wie wir mit den Flüchtlingsströmen umgehen sollen, aber wir wollen lernen, nicht wegzusehen. Kann es sein, dass Flüchtlinge uns genauso helfen, wie wir ihnen?“ Zum Schluss bat er um den Segen für alle Menschen. Daran, dass Wasser nicht nur den Tod bedeutet, sondern auch ein Symbol für das Leben ist, erinnerte zum Abschluss die Lichterprozession der Teilnehmer. Teelichter säumen den Wasserlauf der Grabeskirche, an dem die Besucher einen Moment innehalten. Diakon Kaes Simhere aus der irakischen Stadt Mossul sprach das Vaterunser auf Aramäisch, das im Anschluss noch einmal auf Deutsch wiederholt wurde.  Zum Abschluss sprachen alle gemeinsam das Gebet der Vereinten Nationen und baten um Mut und Voraussicht, die Erde zu einem Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Krieg, Hunger und Hass gepeinigt sind.

(Text und Bilder: Kathrin Albrecht)