100 Christen aus drei Ländern diskutierten über Sterbehilfe

Tötung auf Verlangen hat in Belgien und den Niederlanden stark zugenommen - Zuwendung und gute Pflege lassen Sterbewunsch oft verschwinden

Bei der euregionalen ökumenischen Konferenz im Kloster Wittem am 20. April 2018 gingen etwa 100 Teilnehmende verschiedenen Fragestellungen zum Thema Sterbehilfe nach.  Während in Deutschland das "Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung" (2015) die Beihilfe zum Suizid einschränkt und Euthanasie verboten ist, ist die aktive Sterbehilfe – vollzogen durch einen Arzt - in Belgien (seit 2002) und den Niederlanden (seit 2001) erlaubt, wenn die im Gesetz festgelegten Bedingungen erfüllt sind; es wird auch Minderjährigen (in Belgien unbegrenzt, in den Niederlanden ab 12 Jahren) das Recht auf Euthanasie eingeräumt.

Seit der Entkriminialisierung haben Sterbehilfen in Belgien und den Niederlanden stark zugenommen

Die Euthanasie unterliegt strengen Regeln und kann von Menschen angefragt werden, bei denen keine Aussicht auf Heilung einer tödlichen Krankheit besteht. Sie ist jedoch kein Recht, und die Anfrage auf Sterbehilfe kann auch abgelehnt werden. Seit der gesetzlichen Entkriminalisierung der Sterbehilfe in den Niederlanden und in Belgien ist die Zahl der Fälle sprunghaft angestiegen. In 2003 gab es in Belgien 193 registrierte Fälle, im Jahr 2015 waren es 2022; in den Niederlanden starben im Jahr 2015 147.000 Menschen, davon hatten 6.760 Euthanasie oder Beihilfe zur Selbsttötung angefragt. Es wird in beiden Ländern diskutiert, ob nicht nur in Fällen einer schweren aussichtslosen Erkrankung, sondern auch dann, wenn ein Mensch z.B.  existentiell leidet, seine Situation als aussichtslos empfindet und keinen Lebenswillen mehr hat, um Euthanasie gebeten werden kann. Immer wieder wird außerdem von Angehörigen und Pflegenden gefragt, wie man mit dem Sterbewunsch umgehen soll, den dementierende Menschen vor ihrer Erkrankung schriftlich geäußert hatten. Die rechtliche Regelung sieht vor, dass der Wunsch nach Sterbehilfe im Vollbesitz der geistigen Kräfte geäußert werden muss, so dass demente Menschen ausgeschlossen sind.

Welche Positionen vertreten die Kirchen?

Der katholische Moraltheologe Emil Piront zitierte unter anderem aus der Enzyklika des Papstes Johannes Paul II., Evangelium vitae, in der „Euthanasie (als) eine schwere Verletzung des göttlichen Gesetzes“ verurteilt wird. Auch aus Sicht der evangelischen Kirchen widerspricht die Tötung auf Verlangen der Pflicht, Leben zu schützen, besonders das verletzliche und gebrechliche. In der seelsorglichen Praxis jedoch, so Piront, wird keine „kalte Schreibtisch-Moral“ vertreten, sondern steht die Nächstenliebe im Mittelpunkt, die verzeiht, begleitet, hofft und eingliedert. Paul Schreur, ehemals Hospizseelsorger in Roermond, berichtete aus seiner Praxis, dass Menschen ihren Sterbewunsch oft aufgaben, als sie im Hospiz persönliche Zuwendung und eine gute qualitative Pflege erfuhren oder eine Aufgabe bekamen. Wenn Menschen sich nicht überflüssig, abgeschoben oder als Last fühlen, behält das Leben auch in seiner letzten Phase seinen Wert. Die meisten Menschen, so Schreur, die um Sterbehilfe bitten, wollen eigentlich gar nicht sterben.

Warum vtypo3/alt_doc.php?edit[tt_content][-20795]=new&defVals[tt_content][colPos]=5010&defVals[tt_content][sys_language_uid]=0&returnUrl=/typo3/sysext/cms/layout/db_layout.php?id=6771&defVals[tt_content][CType]=textpic&defVals[tt_content][imageorient]=17#erlangen aber  immer mehr Menschen nach Sterbehilfe?

Die zunehmende Vereinsamung, das Gefühl, doch nicht mehr zum Leben dazuzugehören, die Furcht vor Abhängigkeit, seelische und körperliche Lebensmüdigkeit, so Schreur, seien die häufigsten Gründe, dass Menschen ihr Leben beenden wollten.
Die Konferenz zeigte deutlich: Das Thema Sterbehilfe und Euthanasie ist ein aktuelles und aktuell bleibendes Thema. Die Diskussionen in den verschiedenen Arbeitsgruppen zeigten, dass es weiterhin einer breiten gesellschaftlichen Debatte über Sterben und Tod, über Pflege und Würde des Menschen bedarf. Christen und Christinnen verschiedener Konfessionen und über Landesgrenzen hinweg betonten, wie wichtig es sei, für die Würde von Menschen einzutreten und den gesellschaftlichen Respekt vor dem Leben der Schwachen und Sterbenden zu fördern.